Im Ukraine-Konflikt will Staatschef Poroschenko mit einer Feuerpause Frieden einleiten. Die Separatisten lehnen jedoch ab. Das Parlament in Kiew entscheidet eventuell über die Ausrufung des Kriegsrechts in der Ostukraine.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erwartet von der EU auch weiter Unterstützung, um die schwere politische und wirtschaftliche Krise im Land zu bewältigen. Der Europäischen Union komme bei der Lösung des Konflikts eine Schlüsselrolle zu, sagte der Staatschef bei einem Treffen mit EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle in Kiew.
Beide sprachen auch über die von Poroschenko angekündigte einseitige Waffenruhe im Kampf gegen prorussische Separatisten, wie ukrainische Medien am Donnerstag mitteilten. Dazu traf Füle sich auch mit dem ukrainischen Sicherheitsratschef Andrej Parubij. Poroschenko hatte die Initiative am Vortag angekündigt, aber keinen Termin genannt.
Der ukrainische Präsident erwartete am Donnerstag Vertreter aus dem krisengeschüttelten Osten des Landes zu Verhandlungen in Kiew. "Es geht um Unternehmer und Politiker - Mitglieder der militanten Gruppen wurden nicht eingeladen", sagte Poroschenkos Sonderbeauftragte für die Krisenregionen Donezk und Lugansk, Irina Geraschtschenko.
Poroschenko kündigt Waffenruhe an
Gratwanderung zwischen Krieg und Frieden: Während das Parlament in Kiew am Donnerstag möglicherweise über einen Vorschlag abstimmt, in den umkämpften Gebieten im Osten des Landes das Kriegsrecht einzuführen, will Präsident Petro Poroschenko mit einer einseitigen Waffenruhe einen Friedensprozess einleiten. Er werde schon bald eine sehr kurze Feuerpause verkünden, in der die prorussische Separatisten ihre Waffen abgeben und auf eine Amnestie hoffen könnten, sagte Poroschenko am Mittwoch in Kiew.
Die Aufständischen lehnten den Vorstoß des Staatschefs ab. "Sie stellen das Feuer ein, wir geben die Waffen ab und sie schnappen sich uns. Das ist sinnlos", sagte der Separatistenführer Denis Puschilin.
Russland kritisierte die Initiative als unzureichend. "Wir erwarten einen allumfassenden Waffenstillstand und keine kurze Feuerpause", sagte Außenminister Sergej Lawrow. Poroschenko müsse Aufständischen einen Dialog anbieten und nicht deren Kapitulation fordern.
Mindestens 19 Tote bei erneuten Gefechten
Bei erneuten Gefechten in der Ostukraine kamen mindestens 15 Soldaten und vier Aufständische ums Leben. Zudem seien zahlreiche Militärs verletzt worden, sagte Armeesprecher Wladislaw Selesnjow. Beide Seiten vereinbarten in Lugansk die Übergabe von Todesopfern.
UN-Beobachter warfen den Separatisten die Tötung von Zivilisten, Folter und weitere Verletzungen der Menschenrechte vor. Bewaffnete in den Regionen Donezk und Lugansk hätten eine Atmosphäre ständiger Angst geschaffen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der UN zur Überprüfung der Menschenrechtslage in der Ukraine.
Russland kritisierte diesen UN-Bericht als einseitig. Es sei "unbegründet und unannehmbar", die Schuld für das Blutvergießen in der früheren Sowjetrepublik allein den Aufständischen zu geben, sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch in Moskau. Bei der "Anti-Terror-Operation" der Regierungseinheiten seien auch viele Zivilisten ums Leben gekommen.
Zahl der Toten und Flüchtlinge steigt
Bei den Kämpfen kamen seit Mitte April mehr als 300 Menschen ums Leben, wobei die weitaus meisten Zivilisten waren. Entsprechende Angaben ukrainischer Behörden konnten aber von den UN-Beobachtern nicht unabhängig überprüft werden, wie sie einräumten.
Immer mehr Menschen würden aus Donezk und Lugansk fliehen, Recht und Ordnung gebe es dort nicht mehr, heißt es in dem Bericht. Bislang hätten mehr als 34.300 Menschen ihre Wohngebiete in der Ukraine - einschließlich der Schwarzmeer-Halbinsel Krim - verlassen.
Poroschenko bezeichnete die Gefechte in der Ex-Sowjetrepublik als "Kriegszustand". "Es ist ein Krieg neuen Typs - mit professionellen Sabotagetrupps und unter Ausnutzung der Bevölkerung und Freiwilliger, die mit Propaganda einer Gehirnwäsche unterzogen wurden", erklärte der Staatschef. Nach monatelangen blutigen Kämpfen mit Hunderten Toten brauche die Ukraine dringend Frieden.
dpa/jp - Bild: Sergei Supinsky (afp)