Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki hat seine Landsleute zur Geschlossenheit im Kampf gegen den Terror aufgerufen. "Wir gehören zu einem Land und einer Religion", appellierte der Schiit am Samstag in einer Fernsehansprache an Sunniten, Kurden und die irakischen Stammesführer. "Hört nicht auf die, die über Sunniten und Schiiten reden", sagte er in der zentralirakischen Stadt Samarra, die offensichtlich aus der Gewalt von Isis-Kämpfern zurückerobert wurde. "Von Samarra aus beginnen wir die Schlacht, um den Terrorismus zu besiegen."
Die sunnitische Terrorgruppe Isis rückt seit Anfang der Woche auf Bagdad vor und brachte mehrere Städte unter ihre Kontrolle, darunter die nördliche Millionenmetropole Mossul. Hunderttausende Iraker sind allein dort auf der Flucht. Insgesamt sind es nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen etwa eine Million. Aus verschiedenen Richtungen wollen Isis-Kämpfer nun Bagdad umzingeln und in die Stadt einrücken.
Sunnitischer Gottesstaat
Ziel der Terrortruppe ist ein sunnitischer Gottesstaat vom östlichen Mittelmeer bis zum Persischen Golf. Nach UN-Angaben wurden bei Kämpfen in den vergangenen Tagen mehrere Hundert Zivilisten getötet und etwa 1000 verletzt. In Bagdad wurden die Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Augenzeugen berichteten, Polizei und Militär patrouillierten in den Straßen. Kontrollposten würden aufgebaut.
US-Präsident Barack Obama schloss ein Eingreifen amerikanischer Bodentruppen in den Konflikt aus. Washington bereite "andere Optionen" zur Unterstützung der Iraker vor, sagte Obama in Washington. Die Entscheidung werde aber nicht über Nacht fallen. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte, die Optionen umfassten "breitgefächertes militärisches Potenzial". Sie würden darauf abzielen, "Isis bei ihrem Vormarsch den Schwung zu nehmen und die irakischen Sicherheitskräfte zu stärken".
Die oppositionellen Republikaner riefen Obama zu einem entschiedeneren Vorgehen auf. John McCain, einflussreicher Senator aus Arizona, drängte Obama zu sofortigen Luftangriffen, um den Vormarsch der Dschihadisten zu stoppen.
Ruhani: Keine iranischen Truppen im Irak
Der Iran hat nach den Worten von Präsident Hassan Ruhani keine Truppen in den Irak entsandt. "Wir werden unseren Nachbarn Irak in jeder Weise unterstützen und beraten, aber eine militärische Beteiligung ist nicht angefordert worden und steht auch nicht zur Debatte", sagte Präsident Ruhani am Samstag in Teheran.
Der Iran habe keine Truppen im Irak stationiert und werde auch in Zukunft dort keine Truppen stationieren, sagte Ruhani. Die Zusammenarbeit mit dem Irak sei uneingeschränkt, aber im Einklang mit internationalen Gesetzen.
Zuvor hatte das "Wall Street Journal" unter Berufung auf iranische Sicherheitskreise berichtet, dass der Iran drei Bataillone der Al-Kuds-Brigaden in den Kampf gegen die islamistische Terrorgruppe Isis in den Irak geschickt habe. Die Al-Kuds-Brigaden sind Eliteeinheiten der iranischen Revolutionsgarden.
Der Iran unterstützt im Nachbarland Irak sowie in Syrien seine schiitischen Glaubensbrüder. Dagegen gehören die Isis-Extremisten den Sunniten, der größten Glaubensrichtung im Islam, an. Die Sunniten sind im Irak im Vergleich zu den Schiiten in der Minderheit, in Syrien dagegen in der Mehrheit. Isis will in einem Gebiet vom Mittelmeer bis zum Irak ein islamisches Kalifat errichten.
Vormarsch von Isis vorerst gestoppt
Nach Medienberichten vom Samstag konnten kurdische und irakische Truppen den Vormarsch von Isis vorerst stoppen. Mehrere Städte, die die extremistischen Kämpfer seit Dienstag erobert hatten, seien wieder befreit worden. So habe die irakische Armee die Städte Samarra und Tikrit unter Kontrolle und fliege Luftangriffe auf Isis-Stellungen in Mossul, berichtete "Al-Sumaria News".
Kurdische Peschmerga-Truppen hätten die Stadt Dschalula im Ostirak sowie den Grenzübergang zu Syrien, Al-Jarubija, gesichert, meldete die kurdische Nachrichtenseite "Rudaw". Damit wäre ein wichtiger Versorgungsweg der Isis zwischen Mossul und Nordsyrien blockiert.
Die Vereinten Nationen hatten zuletzt über Massenhinrichtungen durch die selbst ernannten Gotteskrieger im Irak berichtet. UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay teilte mit, allein in einer Straße in Mossul seien 17 Zivilangehörige der Polizei getötet worden. "Ich bin besonders besorgt über die gefährliche Lage von Minderheiten, Frauen und Kindern", sagte Pillay.
dpa/mh/sd - Bild: str/afp
Wären die Amerikaner nicht in den Irak einmarschiert und hätten Sadam Hussein an der Regierung belassen, wäre es nicht zu dem heutigen Chaos gekommen. Die Diktatur des Sadam Hussein wäre das kleinere Übel gewesen.