Der britische Widerstand gegen einen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker wächst. Die oppositionelle Labourpartei will Juncker im EU-Parlament nicht wählen, teilte ein Sprecher der sozialdemokratischen Partei am Montag in London mit. Auch die konservative Londoner Regierung von Premierminister David Cameron lehnt den Personalvorschlag des Parlaments ab.
Der frühere luxemburgische Regierungschef Juncker war bei der Europawahl im Mai als Spitzenkandidat der Konservativen angetreten, die stärkste Kraft im EU-Parlament wurden. Daraufhin hatte das Parlament von den Regierungen verlangt, den 59-Jährigen vorzuschlagen. Cameron wünscht sich jedoch einen reformfreudigeren Kommissionspräsidenten.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich für Juncker aus. Sie will am Montagabend in Stockholm Cameron und ihre Amtskollegen aus Schweden und den Niederlanden treffen. Schweden, die Niederlande und Großbritannien sollen wie Ungarn und Italien Bedenken gegen Juncker und das Vorgehen des Europaparlaments bei der Bestellung des künftigen Kommissionspräsidenten haben.
Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt hat Merkel, Cameron sowie den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte eingeladen, um über Arbeitsweisen und Themen einer neuen EU-Kommission zu sprechen. Das Treffen auf dem Landsitz der Regierung westlich von Stockholm wird am Dienstag fortgesetzt.
Der neue Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Manfred Weber, wies indes Forderungen Großbritanniens zurück, die Kompetenzen der EU zu beschneiden und nationalen Parlamenten Vetorechte einzuräumen. In diesem Fall käme Europa "faktisch zum Stillstand", warnte der CSU-Politiker in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Deutsche war in der vergangenen Woche fast einstimmig zum Nachfolger des Franzosen Joseph Daul gewählt worden.
Zum Widerstand Camerons gegen Juncker sagte er, seine Fraktion stehe voll hinter dem Luxemburger. Die Drohungen Londons mit einem EU-Austritt bedauerte er, fügte aber an, die EU würde das leichter verkraften als die Briten selbst.
dpa - Bild: Georges Gobet (afp)