US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hat den befreiten Soldaten Bowe Bergdahl gegen Verdächtigungen in Schutz genommen, er sei an seiner Gefangennahme durch die Taliban in Afghanistan mitschuldig gewesen. Es sei nicht fair zu spekulieren, bevor die Fakten auf dem Tisch liegen, sagte Hagel am Mittwoch in Brüssel. "Die Streitkräfte werden eine umfassende Untersuchung aller Umstände des Verschwindens von Unteroffizier Bergdahl durchführen." Zunächst gehe es darum, dass er sich nach fast fünfjähriger Geiselhaft erhole.
Der 28-jährige war am Wochenende durch einen umstrittenen Austausch gegen fünf Terrorverdächtige aus dem Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba freigekommen. Ihm wird vorgeworfen, seinen Posten in Afghanistan verlassen zu haben. Kameraden nennen ihn einen Deserteur. In den US-Medien wurde am Mittwoch berichtet, es könnten sechs bis acht Soldaten während der langjährigen Suche nach Bergdahl ums Leben gekommen sein. Die US-Regierung wollte dazu keine Stellung nehmen.
Die afghanischen Taliban veröffentlichten derweil ein Video von Bergdahls Übergabe an US-Truppen. Die Aufzeichnung zeigt, wie der angespannt wirkende Gefangene in einem Pick-up sitzt, der von Taliban-Kämpfern umstellt ist. Bewaffnete Aufständische halten auf umliegenden Hügeln Wache. Neben dem Wagen steht ein Taliban mit einer weißen Flagge, ein anderer hält ein Funkgerät in der Hand.
Dann nähern sich US-Hubschrauber, von denen einer landet. Drei Amerikaner in Zivil, bei denen keine Waffen zu sehen sind, bringen Bergdahl zum Hubschrauber. Sie tasten ihn offenbar auf Sprengstoff oder Waffen an seinem Körper ab. Nachdem der Helikopter aufgestiegen ist, wird auf dem Video ein Schriftzug eingeblendet: "Kehre nicht zurück nach Afghanistan."
Der amerikanische Vize-Sicherheitsberater Tony Blinken entschuldigte sich nach einem Medienbericht dafür, dass der Gefangenenaustausch ohne Rücksprache mit dem Kongress über die Bühne ging. Blinken habe die Senatorin und Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Dianne Feinstein angerufen, berichtete das Online-Magazin "The Hill". "Er hat sich entschuldigt und gesagt, es war ein Versehen", sagte Feinstein nach diesen Angaben. Auch Senator Saxby Chambliss sagte am Dienstag, dass sich ein ranghoher Angehöriger des Weißen Hauses bei ihm für die mangelnde Absprache entschuldigt habe.
Ein US-Gesetz schreibt vor, dass die zuständigen Ausschüsse jeweils mindestens 30 Tage vor einem Gefangenen-Transfer unterrichtet werden müssen. Führende Politiker beider Kammern seien im Fall Bergdahl fast einstimmig gegen einen Austausch gewesen, sagte Feinstein.
dpa