Wenige Tage vor der umstrittenen Präsidentenwahl im Bürgerkriegsland Syrien haben in den Botschaften die Auslandssyrer abgestimmt. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete von einem großen Andrang syrischer Wähler in den Vertretungen des Landes. Nach Angaben von Augenzeugen im Libanon und Jordanien kamen am Mittwoch vor allem Anhänger von Präsident Baschar al-Assad in die Wahllokale. Die Botschaft im Libanon verlängerte wegen des großen Andrangs die Wahl kurzfristig und ließ auch am Donnerstag abstimmen. In Syrien wird am 3. Juni gewählt. Finanzielle Hilfe kommt derweil aus Moskau.
Russland unterstützt Assad einem Zeitungsbericht zufolge mit 240 Millionen Dollar (175 Millionen Euro). Diese Vereinbarung sei bei einem Besuch des russischen Vizeregierungschefs Dmitri Rogosin vergangene Woche in Damaskus getroffen worden. Das berichtete die Moskauer Zeitung "Kommersant" am Mittwoch unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungskreise. Die Hilfe werde wegen der schwierigen humanitären Lage in dem Bürgerkriegsland gewährt, hieß es. Das Geld solle für Sozialhilfe ausgegeben werden. Russland rechnet mit einem Sieg Assads bei der Wahl.
Die Vereinten Nationen, mehrere westliche Regierungen sowie arabische Golfstaaten hatten sich gegen die Wahl mitten im Bürgerkrieg ausgesprochen. In Belgien, Deutschland, Frankreich und einigen anderen Staaten wurde die Abstimmung - von der die Opposition faktisch ausgeschlossen ist - verboten.
Gegen Staatschef Assad, der seit 2000 im Amt ist, treten erstmals Gegenkandidaten an: die beiden eher unbekannten Politiker Maher Hadschar und Hassan al-Nuri. Die Opposition boykottiert die Wahl. Ihre prominenten Führer dürften ohnehin nicht antreten, da die meisten gegen das Assad-Regime kämpfen oder im Exil sind.
Tausende Unterstützer Assads in Beirut
In der libanesischen Hauptstadt Beirut reihten sich nach Angaben von Augenzeugen Tausende Unterstützer Assads in die Warteschlange vor der massiv abgesicherten Botschaft. "Wir stimmen für unseren großen Führer, der uns zurück nach Hause bringen wird, so Gott will", sagt Mohammed al-Ali aus Daraa. Im Libanon haben seit Beginn des Bürgerkriegs rund 1,1 Millionen Syrer Zuflucht gesucht - unter ihnen sind auch Familien von Assad-Anhängern.
In Jordanien, wo vor wenigen Tagen der syrische Botschafter zur unerwünschten Person erklärt worden war, kamen Hunderte an die Urnen in der Hoffnung, dass dies der "Anfang vom Ende" des Konflikts sei. Viele reisten nach eigenen Angaben mehrere Stunden, um in der hochgesicherten Vertretung ihre Stimme abzugeben.
Nach Jordanien sind der Regierung in Amman zufolge mehr als 1,3 Millionen Syrer geflohen. Doch nur jene, die legal über die Grenze kamen, sind zur Abstimmung zugelassen. "Bei der Wahl geht's um mehr als die Präsidentschaft. Es geht um den Wunsch der Syrer, zu einem normalen Leben in einem friedlichen und stabilen Syrien zurückzukehren", sagte Mohammed Saad aus Damaskus.
In Ägypten konnten die Syrer nicht wählen. Einige Dutzend Anhänger Assads versammelten sich aber mit Fahnen und Bildern des Präsidenten vor dem geschlossenen Konsulat.
Der Syrienkonflikt hat seit März 2011 schätzungsweise mehr als 160.000 Menschen das Leben gekostet. Die Zerstörung des syrischen Kulturerbes - wie des Basars in der Altstadt von Aleppo - übertrifft nach Aussagen von Unesco-Vertretern die schlimmsten Erwartungen. Weder im Irak noch in Afghanistan, Libyen oder Mali war die Lage demnach so ernst.
dpa