Trotz wiederholter Kritik an der Abstimmung will Russland das Ergebnis der ukrainischen Präsidentenwahl an diesem Sonntag "respektieren". Das sagte Kremlchef Wladimir Putin am Freitag auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Er antwortete damit bei einer Podiumsdiskussion eher ausweichend auf die Frage, ob Russland die Wahl als legitim anerkennen wird. "Wir arbeiten doch mit jenen Menschen zusammen, die heute (in der Ukraine) an der Macht sind. Natürlich werden wir auch mit den neu gewählten Strukturen kooperieren", betonte Putin. "Wir verhalten uns mit Respekt zur Wahl des ukrainischen Volkes", sagte er.
Putin sprach aber nicht von einer "Anerkennung" - sondern verwies darauf, dass der im Februar gestürzte Präsident Viktor Janukowitsch nach ukrainischer Verfassung der rechtmäßige Staatschef sei. Russland hatte die Abstimmung immer wieder als überstürzt kritisiert. Der Wahlsonntag werde zeigen, wie der Urnengang laufe. Putin sagte, zuerst hätte die Verfassung im Zuge eines Referendums geändert und erst dann ein Präsident gewählt werden müssen. Jedoch sei Russland auch interessiert, dass "Frieden und Ruhe" einkehrten in der Ukraine.
Putin warf dem Westen vor, mit politischer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine erst "Chaos" und nun einen "Bürgerkrieg" ausgelöst zu haben. Er warnte davor, die zerbrechlichen staatlichen Systeme im postsowjetischen Raum durch ein Anzetteln von Revolutionen zu destabilisieren. Ähnliche Worte wählte auch sein Verteidigungsminister Sergej Schoigu, der meinte, unter dem "Vorwand einer Demokratisierung" würden anderen Völkern immer wieder "fremde Werte" aufgezwungen. "Das Resultat dieser Einmischung ist dann eine langfristige Destabilisierung dieser Länder", sagte Schoigu.
Polens Staatspräsident Bronislaw Komorowski hofft, dass die Wahlen im Nachbarland zur Stabilisierung des Landes beitragen und die Westintegration der Ukraine beschleunigen. "Wir wünschen der Ukraine, dass sie dem polnischen Beispiel folgt", sagte Komorowski. "Wir wissen heute, dass es ein guter Weg war." Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics wertete die Abstimmung in der Ukraine als "Beginn eines neues Wegs zur Stabilisierung und politischen Reformen".
Im Gasstreit mit der Ukraine forderte Putin die Führung in Kiew erneut mit Nachdruck zur Zahlung ihrer Schulden auf. Selbst nach einem russischen Kredit von drei Milliarden US-Dollar (2,2 Milliarden Euro) Ende 2013 und einem Rabatt habe das Nachbarland nicht mit der Tilgung begonnen. "Nicht nur das - die Schulden sind auf 3,5 Milliarden US-Dollar gewachsen", sagte Putin. "Wo ist unser Geld geblieben?" Der russische Gazprom-Konzern droht wegen der Schulden damit, vom 3. Juni um 8.00 Uhr MESZ an kein Gas mehr in die Ukraine zu liefern. Dies könnte dann auch den Westen treffen, denn die vor dem Staatsbankrott stehende Ukraine ist ein wichtiges Transitland für russisches Gas.
Putin fordert von EU Dialog über neues Partnerschaftsabkommen
Dialog über neues Partnerschaftsabkommen
Kremlchef Wladimir Putin hat die EU trotz der schweren Spannungen um die Ukraine-Krise zum Dialog über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland aufgefordert. Die Verhandlungen würden seit Jahren unter immer neuen Vorwänden aufgeschoben, sagte er am Freitag beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Das Abkommen sei aber notwendig, um Hindernisse für Investoren und den Handel abzubauen. Putin warf der Europäischen Union zudem vor, Gespräche über eine von Russland vorangetriebene Zollunion mit ehemaligen Sowjetrepubliken zu boykottieren.
Es sei eine "merkwürdige Logik", dass die EU zwar mit einzelnen Mitgliedstaaten der Zollunion zusammenarbeite, aber nicht mit der Vereinigung selbst, kritisierte er. Russland will in der kommenden Woche in der kasachischen Hauptstadt Astana die Gründung einer Eurasischen Union, die Experten ebenfalls als Konkurrenzprojekt zur EU sehen, vertraglich besiegeln. Darin arbeiten vom 1. Januar 2015 an zunächst die Ex-Sowjetrepubliken Russland, Weißrussland und Kasachstan zusammen, während die Zollunion noch breiter angelegt ist.
Auch nach dem Abschluss eines historischen Gasabkommens in dieser Woche mit China über Energielieferungen für 30 Jahre setze Russland weiter auf eine Zusammenarbeit mit der EU, betonte Putin. "Europa - das ist unser traditionell wichtigster Handelspartner", sagte er. Sein Land sei bereit, die bestehende Kooperation auszubauen.
dpa/est - Bild: Mikhail Klimentyev (afp)