Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
1. Woher stammt die Idee einer Finanztransaktionssteuer eigentlich?
Die Idee der Steuer geht ursprünglich auf den US-Ökonomen James Tobin zurück, der eine Steuer auf Börsengeschäfte schon 1972 ins Gespräch brachte. Sie gilt als Mittel gegen Zocker und soll den Finanzsektor an den Kosten der Krise beteiligen.
2. Was ist eine Finanztransaktionssteuer?
Vereinfacht gesagt funktioniert sie wie eine Mehrwertsteuer auf den Handel mit Bank- und Börsenprodukten. Dazu zählen etwa Aktien, Anleihen oder spekulative Papiere (wie etwa Termingeschäfte, die sogenannten Derivate).
3. Wer macht bei der Steuer mit?
Zunächst zehn Staaten. Neben Belgien, Deutschland und Frankreich sind das auch Österreich, Estland, Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und die Slowakei. Slowenien wollte auch mitziehen, konnte aber wegen des Rücktritts der Regierung die Erklärung der Minister nicht mittragen.
4. Welche Finanzprodukte in Europa sind betroffen?
Besteuert werden zunächst "Aktien und einige Derivate", also Finanzprodukte, deren Kurs sich aus anderen Werten wie Aktien oder Währungen ableitet. So steht es in einer gemeinsamen Erklärung der beteiligten EU-Finanzminister. Welche Derivate genau, ist noch offen. Solch spekulative Anlageprodukte haben zur Entstehung der Finanzkrise beigetragen.
5. Was wird besteuert?
Wertpapiergeschäfte vor allem zwischen Finanzinstituten. Betroffen wären Banken, Versicherungen sowie Fonds oder Hedgefonds. Auch der automatisierte Hochfrequenzhandel würde erfasst. Man spricht auch von einer "Spekulationssteuer", weil der schnelle Handel von Wertpapieren häufig zu instabilen Finanzmärkten führt. Befürworter nennen die Abgabe eine "Gerechtigkeitssteuer".
6. Wann kommt die Steuer?
Die Abgabe soll vom 1. Januar 2016 stufenweise in den beteiligten Ländern eingeführt werden. Bis Ende des laufenden Jahres wollen die EU-Finanzminister die gesetzliche Grundlage schaffen. Der Zeitplan hat sich wegen offener Fragen und des Widerstands aus Großbritannien verzögert, ursprünglich sollte die Steuer schon Anfang 2014 starten.
7. Trifft die Steuer auch Europas Verbraucher?
Verbraucher und Kleinsparer bleiben zunächst weitgehend unbehelligt. Die Abgabe soll nicht für typische Finanzgeschäfte von Kleinsparern gelten wie Kredite, Hypotheken, Versicherungsverträge und Kreditkartenumsätze. Allerdings würde die Steuer fällig beim Handel mit Aktien. Laut EU-Kommission wäre der Betrag für Konsumenten aber gering. So könnte eine Bank beim Kauf von Aktien in Höhe von 10.000 Euro die Kosten von zehn Euro auf den Kunden abwälzen.
8. Was sagen Kritiker?
Dass die Steuer doch zu Lasten der Sparer geht. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zum Beispiel warnt, die Besteuerung von Aktienkäufen treffe die private und betriebliche Altersvorsorge. Denn Aktien seien dabei ein wesentlicher Bestandteil der Anlagestrategie. "Die zusätzliche Steuerlast schmälert die Erträge und damit auch Rentenansprüche der Arbeitnehmer und Sparer." Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken BVR warnt vor "unkalkulierbaren Risiken für den Finanzmarkt und die gesamte Wirtschaft."
Großbritanniens Finanzminister George Osborne sagte in Brüssel: "Dies ist eine Steuer auf Jobs, auf Investitionen und die Renten der Leute." Schwedens Finanzminister Anders Borg bezeichnete die Steuer am Dienstag als ineffizient und teuer: "Sie hat einen schädlichen Effekt auf die Finanzierung von Investments und auch auf die Zinssätze in Europa." Befürworter halten dagegen, Staaten würden mit den Einnahmen mehr investieren und Jobs schaffen.
9. Warum ist Großbritannien gegen die Abgabe?
Weil die Briten ihren Finanzplatz London schützen wollen. Sie halten eine Steuer für sinnlos, wenn andere Akteure wie die USA und China nicht mitmachen. Dann werde das Geschäft im großen Stil abwandern. Eine Klage Großbritanniens gegen die Einführung der Steuer hat der Europäische Gerichtshof in der vergangenen Woche aber abgewiesen. Auch Schweden hat Vorbehalte. Schwedens Finanzminister Anders Borg nannte die geplante Steuer "sehr ineffizient und teuer".
10. Wie hoch soll die Steuer sein, wer bekommt das Geld?
Nach den ursprünglichen Plänen soll der Steuersatz bei Geschäften mit Anleihen und Aktien 0,1 Prozent betragen, bei spekulativen Derivaten 0,01 Prozent. Dies ist ein Mindestsatz, über den die Staaten hinausgehen können. Laut EU-Kommission würden die beteiligten Staaten bis zu 34 Milliarden Euro Steuern einnehmen, davon Deutschland 12 Milliarden Euro. Der grüne Europapolitiker Sven Giegold bemängelt, dass die Einnahmen nicht reichten, um die Kosten der Krise zu decken.
Über die Frage, wer die Steuer kassieren darf, gibt es noch Streit. Die EU-Kommission möchte die Einnahmen in den EU-Haushalt lenken. Die Staaten beanspruchen die Gelder für ihr nationales Staatssäckel. Sie haben das letzte Wort.
dpa/mz