Nach der Freilassung der entführten Militärbeobachter gleitet die Ostukraine zunehmend in bürgerkriegsähnliche Zustände ab. Mit Kampfhubschraubern und Panzerfahrzeugen gingen Regierungstruppen am Sonntag erneut gegen prorussische Separatisten vor.
Der "Anti-Terror-Einsatz" werde fortgesetzt, kündigte Innenminister Arsen Awakow in Kiew an. Moskau befürchtet eine Großoffensive der ukrainischen Sicherheitskräfte.
In Mariupol stürmten Regierungseinheiten ein besetztes Verwaltungsgebäude. In Kramatorsk eroberten Truppen einen Fernsehturm zurück, der in den Händen von Aufständischen war. Bei einem Schusswechsel in Luhansk gab es mindestens einen Toten und mehrere Verletzte unter den prorussischen Aktivisten.
In Odessa kam es erneut zu Zusammenstößen. Nach einer Kundgebung von rund 2.000 Regierungsgegnern versuchten moskautreue Anhänger, die Polizeizentrale zu stürmen. Sie forderten die Freilassung von Gesinnungsgenossen. Spezialeinheiten stellten sich ihnen entgegen. Unter dem Druck der Demonstranten ließ die Polizei später zahlreiche Gefangene frei, die nach den jüngsten Unruhen festgenommen worden waren. Augenzeugen sprachen von 30 Menschen.
Am Freitag hatten sich Anhänger und Gegner der ukrainischen Übergangsregierung in Odessa schwere Straßenschlachten geliefert. Dabei wurde das zentrale Gewerkschaftshaus in Brand gesetzt, wo Dutzende Menschen starben. Die Staatsanwaltschaft zählte insgesamt 46 Tote und 214 Verletzte.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Angesichts der nicht enden wollenden Gewalt streiten Russland und die ukrainische Führung weiter, wer dafür verantwortlich ist. Kiew verantworte ein "Blutvergießen, das schießende Truppen an unbewaffneten Menschen" anrichteten, erklärte das Außenamt in Moskau. Awakow sagte jedoch: "Wir werden weiter gegen Extremisten und Terroristen vorgehen, die Gesetze ignorieren und das Leben der Bürger gefährden." Gemeint sind die prorussischen Aktivisten, die mehr Autonomie für die Regionen im Osten der früheren Sowjetrepublik fordern.
Seit Wochen halten die zum Großteil bewaffneten Kräfte in der Region Dutzende Verwaltungsgebäude besetzt, sie haben zudem eine "Volksrepublik Donezk" ausgerufen.
dpa/mdr/br/mh - Bild: Anatolii Stepanov/AFP