Mit einer Volksabstimmung über die Einheit der Ukraine will die prowestliche Regierung in Kiew die Lage in dem krisengeschüttelten Land beruhigen. Zugleich räumt die ukrainische Führung ein, die Kontrolle über Teile des russisch geprägten Ostens verloren zu haben. Moskautreue Milizen brachten weitere Verwaltungsgebäude in ihre Hand. Zugleich dämpften die Separatisten Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Freilassung der festgehaltenen westlichen Militärbeobachter.
Referendum am 25. Mai
Die prowestliche Führung in Kiew will am 25. Mai zusätzlich zur Präsidentenwahl eine Volksbefragung abhalten. Dabei solle es darum gehen, ob das Land als Einheit erhalten bleiben solle, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk. Die prorussischen Aktivisten in der Ost- und Südukraine planen allerdings eigene Referenden für den 11. Mai über eine Abspaltung von Kiew.
Im Osten des Landes sind sie weiter auf dem Vormarsch. Unbehelligt von Sicherheitskräften nahmen Separatisten auch die Gebietsverwaltung der Stadt Lugansk ein. Auch in Gorlowka besetzten prorussische Demonstranten weitere Verwaltungsgebäude. Übergangspräsident Alexander Turtschinow räumte ein, die Kontrolle über Teile des Landes verloren zu haben. Den Sicherheitskräften warf er Versagen vor.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow nahm die Aktivisten in Schutz. «Diese Leute erhalten ständig Drohungen aus Kiew, dass die Armee und gepanzerte Fahrzeuge gegen sie eingesetzt werden», sagte Lawrow bei einem Besuch in Chile. «Wir fordern die Freilassung der Beobachter, aber wir können nicht für die "Volksmiliz" entscheiden.»
Milizenführer: "Kein Kontakt zu Moskau"
Der Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow verneinte jegliche Einflussnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin. «Wir hatten bisher noch keinen Kontakt zu Moskau und gehorchen hier auch nicht Putin, wir sind die Volksrepublik Donezk», sagte der selbst ernannte Bürgermeister der Stadt Slawjansk «Bild Online». «Wir sind in einem guten Dialog, aber ich denke nicht, dass es eine Freilassung schon heute oder morgen geben kann.» Zuvor hatte Ponomarjow den Eindruck erweckt, es könne eine schnelle Lösung «ohne einen Geiselaustausch» geben. Die Separatisten hatten mehrfach erklärt, inhaftierte Gesinnungsgenossen freipressen zu wollen.
Der Westen beschuldigt Russland, sich einer Umsetzung der Genfer Vereinbarungen, die unter Beteiligung Moskaus ausgehandelt worden waren, zu verweigern und die Krise in der Ukraine anzufachen. Die Europäische Union und die USA hatten am Montag bislang verhängte Strafmaßnahmen gegen Russland ausgeweitet. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy mahnte Moskau zur Einhaltung des Genfer Abkommens.
IWF-Hilfen in Höhe von 17 Milliarden Dollar
Neben den Separatisten hat die Ukraine auch mit einer finanziellen Schieflage zu kämpfen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) greift dem Land daher nun mit Hilfen in Höhe von 17 Milliarden Dollar (12,3 Milliarden Euro) für zwei Jahre unter die Arme. IWF-Chefin Lagarde sagte, rasches Handeln sei notwendig gewesen. Das Geld, dem weiteres aus anderen internationalen Quellen folgen soll, soll die finanzielle Stabilität des Landes wiederherstellen und langfristiges Wirtschaftswachstum in Gang setzen. Zuvor hatte der IWF wegen der Sanktionen eine Rezessionsgefahr in Russland ausgemacht.
dpa/jp - Bild: Mandel Ngan (afp)