Die seit fast einer Woche in der Ostukraine festgehaltenen Militärbeobachter können auf eine baldige Freilassung hoffen. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte nach Angaben der Agentur Interfax in Minsk in Weißrussland, er setze darauf, dass die Militärs die Region ungehindert verlassen könnten. Eine Lösung der Geiselnahme stellten auch die prorussischen Separatisten in Aussicht, die die unbewaffneten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) - darunter drei Bundeswehrangehörige und einen Dolmetscher - am Freitag in der Stadt Slawjansk in ihre Gewalt gebracht hatten.
"Es sieht danach aus, dass es eine baldige Freilassung geben kann, ohne einen Geiselaustausch", sagte der selbst ernannte Bürgermeister der Stadt Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, der "Bild"-Zeitung (Mittwoch). Ponomarjow hatte die Geiseln zuvor der Öffentlichkeit präsentiert. Die militanten Separatisten hatten mehrfach erklärt, inhaftierte Gesinnungsgenossen freipressen zu wollen.
Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte die Entsendung der OSZE-Militärbeobachter in die Ostukraine als "Dummheit". "Wie kann man Offiziere in einen Bus setzen und ohne Absprachen in eine solche Region senden - ohne Dokumente, die ihren Status bestätigen?", sagte er der Agentur Itar-Tass in New York. "Diese Fahrt war entweder eine Provokation der Führung in Kiew oder - verzeihen Sie - eine Dummheit."
An einer Freilassung der Beobachter hätte nach Ansicht des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr, Harald Kujat, auch der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder seinen Anteil. Er gehe davon aus, dass dieser bei dem umstrittenen Treffen mit Putin am Montag in St. Petersburg seine Möglichkeiten genutzt habe, "um diese, unsere Soldaten dort frei zu bekommen", sagte Kujat am Mittwoch im Deutschlandfunk. "Und möglicherweise hat er das erreicht, was wir alle gehofft haben, was sich jetzt jedenfalls ganz offenkundig als positiv abzeichnet."
Prorussische Militanten weiter auf Vormarsch in Ostukraine
In der Ostukraine sind die prorussischen Militanten derweil weiter auf dem Vormarsch. Unbehelligt von ukrainischen Sicherheitskräften nahmen Separatisten am Dienstag auch die Gebietsverwaltung der östlichsten Großstadt Lugansk ein. Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow warf den Sicherheitskräften Versagen vor. "Ordnungshüter, die die Ukraine verraten haben und mit den Terroristen zusammenarbeiten, werden zur Verantwortung gezogen", drohte er in einer TV-Ansprache.
Bei einer "Anti-Terror-Operation" in der Ostukraine durchbrachen regierungstreue Sicherheitskräfte bei Slawjansk am Dienstagabend drei Straßensperren moskautreuer Aktivisten. Beim Vorrücken der Einheiten habe es keine Verletzten gegeben, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Kiew.
In Lugansk und Gorlowka besetzten hingegen prorussische Demonstranten am Morgen weitere Verwaltungsgebäude. In Gorlowka hinderten etwa 20 Bewaffnete die Angestellten des Stadtrats am Betreten des Hauses. In Lugansk stürmten Bewaffnete den örtlichen Sitz des Innenministeriums.
Der Westen wirft Russland vor, sich einer Umsetzung der Genfer Vereinbarungen, die unter Beteiligung Moskaus ausgehandelt worden waren, zu verweigern und die Krise in der Ukraine anzufachen. Die Europäische Union und die USA hatten daraufhin am Montag eine Ausweitung der bislang verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland beschlossen.
Der Exekutivrat des Internationalen Währungsfonds (IWF) berät am Mittwoch in Washington über Milliarden-Hilfen für die Ukraine. Es geht um die Freigabe von geplanten Krediten in Höhe von 14 bis 18 Milliarden Dollar (10 bis 13 Milliarden Euro) für die kommenden zwei Jahre. Dabei würden die Zusagen über vereinbarte Reformen und Sparmaßnahmen vonseiten der ukrainischen Übergangsregierung überprüft, hieß es in Washington.
dpa/cd/jp - Bild: Alexey Druzhinin (afp)