Nach den tödlichen Schüssen auf einen 17-jährigen deutschen Austauschschüler im US-Bundesstaat Montana ist der Schütze wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt worden. Ihm droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Haft, mindestens aber eine Strafe von zehn Jahren. Der Schütze werde sich nicht schuldig bekennen, da er in Selbstverteidigung gehandelt habe, sagte sein Anwalt einem Bericht der Lokalzeitung "Ravalli Republic" zufolge.
Laut Anklageschrift wollte der 29-Jährige nach mehreren Einbrüchen möglichen weiteren Dieben eine Falle in seiner Garage stellen. Das Garagentor stand rund anderthalb Meter weit offen, als der Hamburger Teenager das Grundstück in Grant Creek, einer ruhigen Wohngegend von Missoula, betrat. Die Partnerin des Todesschützen hatte eine Handtasche als Köder in die Garage gestellt, sagte sie der Polizei. Beide überwachten den Bereich mit Bewegungssensoren, einem Babyfon und Kameras. "Ich warte nur darauf, einen verdammten Typen zu erschießen", soll der Angeklagte einer Zeugin zufolge gesagt haben. Drei Nächte in Folge habe er bereits gewartet, um die Einbrecher zur Strecke zu bringen. Er feuerte laut Anklageschrift ohne Vorwarnung vier Schüsse in die dunkle Garage. Seine Partnerin sagte aber aus, ihr Mann habe den Jugendlichen mit "Hey" angesprochen, und dieser habe geantwortet, bevor die Schüsse fielen. Der Schütze gab an, er habe hoch gezielt, da er sein Auto nicht treffen wollte, doch laut Anklage zeigen Einschusslöcher ein anderes Bild. Zwei der Schüsse trafen den Jugendlichen an Kopf und Arm. Ein Krankenhaus konnte nur noch seinen Tod feststellen.
Was der Teenager bei seinem nächtlichen Gang beabsichtigte, sei völlig unklar, sagte ein Polizeisprecher. Das Haus lag weit entfernt von der Big Sky High School, wo er seit August die elfte Klasse besuchte. Ein Begleiter des Schülers flüchtete, als die Schüsse fielen. Der Mann meldete sich später bei der Polizei. Die Familie des Jugendlichen wurde mit Hilfe des Deutschen Generalkonsulats in San Francisco kontaktiert. Am Dienstag sollte eine Vertreterin des Konsulats nach Montana reisen, um die Gastfamilie und die Angehörigen zu unterstützen. Auch der Vater des Jungen werde erwartet, hieß es. Bürger Montanas dürfen sich notfalls mit Waffengewalt verteidigen. Laut der sogenannten "Castle Doctrine" (Schloss-Doktrin) ist der Einsatz tödlicher Gewalt gegen Eindringlinge in Haus und Garten in den meisten Fällen erlaubt. Allerdings muss sich der Schütze ernsthaft bedroht fühlen. In diesem Fall sei dies laut Ansicht von Polizei und Staatsanwaltschaft nicht gegeben, berichteten Lokalmedien.
Sein Klient wollte nur sich und seine Familie verteidigen, sagte Anwalt Paul Ryan. "Es handelte sich um Sekundenbruchteile. Es geschah alles sehr schnell und unglücklicherweise hat ein junger Mann dabei sein Leben verloren." Das Gericht legte eine Kaution von 30.000 Dollar (21.000 Euro) fest. Auch die US-Austauschorganisation Council on International Educational Exchange (CIEE), über die der 17-Jährige in die USA gekommen war, schickte Vertreter nach Montana. Nach Angaben seines Hamburger Fußballvereins SC Teutonia 1910 stand der Schüler wenige Wochen vor seiner Rückreise nach Deutschland. Der Verein reagierte mit Betroffenheit. "Wir sind alle ein bisschen sprachlos", sagte Fußball-Abteilungsleiter Kadir Koc. Der Verein plant für diesen Mittwoch ein Benefizspiel zugunsten der Familie.
Von der Hamburger Schulbehörde und von dem Gymnasium, auf das der 17-Jährige ging, gab es am Dienstagmorgen zunächst keine Reaktion auf den Tod des Schülers. Zurzeit sind Ferien in Hamburg.
dpa/okr