Ein fairer Prozess gegen hochrangige Funktionäre des gestürzten Regimes von Muammar al-Gaddafi ist nach Meinung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Libyen nicht möglich. Die Menschenrechtler äußerten am Samstag in einer Mitteilung massive Kritik an dem Verfahren gegen die Gaddafi-Söhne Seif al-Islam und al-Saadi, Geheimdienstchef al-Senussi und 34 weitere Angeklagte, das am Sonntag fortgesetzt wird. Einige Angeklagte - auch Seif al-Islam - sollen per Video zugeschaltet werden.
Die Menschenrechtler monierten, die libyschen Justizbehörden hätten derzeit zu wenig Macht, die Rechtsanwälte erhielten nur begrenzt Zugang zu ihren Mandanten und viele der Angeklagten könnten nicht persönlich am Prozess teilnehmen. Seif al-Islam etwa wird von einer Miliz in der Stadt Al-Sintan festgehalten, die sich weigert, ihn an die Behörden in Tripolis zu übergeben.
Den Angeklagten werden Kriegsverbrechen und Korruption vorgeworfen, einigen droht die Todesstrafe. Der Prozess hat am 24. März begonnen. Seif al-Islam soll sich auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Menschenrechtler fordern Libyen auf, ihn auszuliefern.
dpa