Mit gegenseitigen Anschuldigungen heizen die USA und Russland den Ukraine-Konflikt weiter an. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf Washington vor, das Handeln der ukrainischen Regierung zu steuern. Das US-Außenministerium bezeichnete dies als "lächerlich".
Doch auch knapp eine Woche nach der Genfer Einigung auf einen Friedensplan bleibt die Lage im Osten des Landes bedrohlich. In mehreren Orten halten moskautreue Separatisten weiter Verwaltungsgebäude besetzt. Die Regierung in Kiew nahm daraufhin den sogenannten "Anti-Terror"-Einsatz wieder auf.
Lawrow sagte im russischen Staatsfernsehen RT, er habe keine Zweifel, dass die Amerikaner "die Show dirigieren". Zugleich wies er jeden Einfluss Moskaus auf die Bewaffneten zurück und warnte mit Blick auf die Offensive der ukrainischen Truppen: "Jeder Angriff auf russische Bürger ist ein Angriff auf die Russische Föderation."
Lawrows Äußerungen "kontraproduktiv und aufrührerisch"
Jen Psaki, Sprecherin des US-Außenamts, nannte Lawrows Äußerungen "kontraproduktiv und aufrührerisch". US-Außenminister John Kerry hatte der Regierung in Moskau zuvor bereits vorgeworfen, sich nicht ernsthaft um eine Beruhigung der Lage zu bemühen. Die USA gehen wie die Kiewer Regierung davon aus, dass die Separatisten in der Ostukraine von Russland unterstützt werden. Wegen des Konflikts entsenden die Vereinigten Staaten Soldaten zu Übungen nach Polen und ins Baltikum.
Nach dem Genfer Abkommen zwischen Russland, den USA und der EU sowie der Ukraine müssen alle paramilitärischen Gruppen ihre Waffen abgeben und besetzte Gebäude räumen. Russland und die Ukraine streiten aber über die Auslegung der Beschlüsse.
Ort Swjatogorsk zurückerobert
Ukrainische Truppen eroberten derweil nach eigenen Angaben am Mittwoch den Ort Swjatogorsk zurück. Die moskautreuen Aktivisten seien vertrieben worden, teilte das Innenministerium in Kiew mit. Es habe keine Opfer gegeben. Die Separatisten kontrollieren weiterhin das 30 Kilometer südlich gelegene Slawjansk.
Die Aktivisten in der Stadt halten nach eigenen Angaben weiter einen Journalisten mit US- und israelischer Staatsbürgerschaft fest. Simon Ostrovsky vom US-Magazin "Vice" stehe im Verdacht, ein Spion der ultranationalistischen Gruppe Rechter Sektor zu sein, sagte der selbst ernannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow. Eine Bestätigung der Behörden gab es zunächst nicht.
Der russischen Internetzeitung gazeta.ru sagte Ponomarjow: "Wir brauchen Gefangene. Wir brauchen Verhandlungsmasse." In Slawjansk und der nahen Stadt Gorlowka sind nach Informationen örtlicher Medien in der vergangenen Woche bis zu 16 Menschen verschleppt worden.
Aktivisten verlassen besetztes Rathaus in Mariupol
Im Osten der Ukraine bleibt die Lage instabil. Die Übergangsregierung in Kiew hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über das von Aktivisten besetzte Rathaus in Mariupol zurückgewonnen. Innenminister Arsen Awakow erklärte, pro-russische Separatisten hätten das Gebäude wieder verlassen. Zugleich habe man einen Angriff auf einen Militärstützpunkt zwischen den Städten Donezk und Slawjansk abwehren können.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa warb um Geduld bei der Umsetzung des Genfer Abkommens zur Lösung des Konfliktes. Der Sondergesandte für die Ukraine, Tim Guldimann, sagte im deutschen Fernsehen, die Vereinbarung habe bereits geholfen, die Eskalation zu stoppen. Die OSZE plane, ihre Mission auf 500 Beobachter aufzustocken.
dpa/dradio/jp - Bild: Sergey Bobok (afp)