Der Terror in Nigeria erreicht die Hauptstadt Abuja: Bei einem verheerenden Bombenanschlag auf einen belebten Busbahnhof haben Unbekannte am Montag ein Blutbad mit mindestens 71 Toten angerichtet. Dies bestätigte ein Sprecher der örtlichen Notfallagentur. Weitere 124 Menschen wurden bei den Explosionen in dem Vorort Nyanya verletzt. Viele der Leichen seien bis zur Unkenntlichkeit zerrissen worden, überall hätten Körperteile gelegen, hieß es in nigerianischen Medienberichten. Die Wucht der Detonationen war so stark, dass ein tiefer Krater entstand.
Die meisten Busse, mit denen Pendler am Morgen ins Zentrum fahren wollten, waren voll besetzt und standen kurz vor der Abfahrt, als die Bomben detonierten. Zum genauen Ablauf gab es abweichende Angaben. Manchen Augenzeugen zufolge soll ein Attentäter mit einem roten Fahrzeug einen Bus gerammt und dabei den Sprengstoff zur Explosion gebracht haben. Andere berichteten, ein Mann habe vor den Bussen geparkt und sei davongeeilt. Wenige Sekunden später seien die Bomben hochgegangen.
Wer für die Tat verantwortlich ist, war zunächst unklar. Jedoch gehen Experten davon aus, dass erneut die radikalislamische Sekte Boko Haram zugeschlagen hat, die in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Anschläge verübte. Im März vergangenen Jahres hatte die Gruppe in der nördlichen Stadt Kano eine ähnliche Attacke ausgeführt: Auch damals war ein Busbahnhof Ziel der Bomben. 110 Menschen starben. Später bekannte sich Boko-Haram-Chef Abu Shekau zu dem Anschlag.
Bisher hatte die Boko Haram ihren Kampf für einen islamischen Gottesstaat meist auf den Norden Nigerias konzentriert. Häufig waren Kirchen und Polizeistationen Ziel der Extremisten.
Ortschaften Anchaka und Bama überfallen
Erst am Sonntag hatten mutmaßliche Sektenmitglieder die Ortschaften Anchaka und Bama im Bundesstaat Borno überfallen und mindestens 60 Menschen getötet. Die Angreifer kamen auf Motorrädern, setzten Häuser in Brand und schossen auf die fliehenden Menschen. In der Hauptstadt Abuja hatte die Gruppe zuletzt 2011 zugeschlagen, als sie zunächst das UN-Hauptquartier angriff und wenige Monate später 30 Gläubige beim Weihnachtsgottesdienst tötete.
Der jüngste Anschlag ereignete sich am frühen Morgen, als zahlreiche Menschen zur Arbeit fahren wollten. Die naheliegende Hauptstraße führt direkt ins Handelszentrum der Metropole. Zahlreiche Ärzte waren stundenlang im Einsatz, während Soldaten, Polizei und Feuerwehr das Gebiet weiträumig abgeriegelt hätten, berichtete der Anwohner Joseph Audu der Nachrichtenagentur dpa.
Staatschef Goodluck Jonathan besuchte den Tatort am Nachmittag und zeigte sich schockiert. Er ordnete an, die Sicherheit in der ganzen Hauptstadt zu verschärfen. Zudem versprach er, dass alle Verletzten kostenlos behandelt würden.
Die Regierung wirkt aber schon seit Jahren machtlos im Kampf gegen den Terror. Die Nichtregierungsorganisation SERAP warnte in einer Mitteilung: "Der Anschlag in Abuja zeigt, dass die Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen das Phänomen Boko Haram unangemessen sind und einfach nicht funktionieren." Bei den Gewaltexzessen sollen seit 2009 insgesamt mehr als 6000 Menschen getötet worden sein.
dpa/est/mh - Bild: Stringer/afp