Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Russland vor einem Einmarsch in die Ost-Ukraine gewarnt. "Wenn Russland in der Ukraine weiter intervenieren würde, wäre das ein historischer Fehler", sagte er am Dienstag bei einem Treffen von Vertretern des Verteidigungsbündnisses in Paris. Auf die Frage, ob die Nato in diesem Fall auch zu einem militärischen Eingreifen bereit wäre, antwortete Rasmussen ausweichend. Ein russischer Einmarsch in die Ost-Ukraine hätte "ernsthafte Konsequenzen" und würde Russland international weiter isolieren, sagte der Generalsekretär. Er fordere Russland auf, sich zurückzuhalten.
Als mögliche Folgen einer weiteren Eskalation der Lage nannte Rasmussen eine Aufkündigung von Abmachungen aus den Jahren 1997 und 2002. Diese sehen unter anderem vor, dass die Nato auf die ständige Stationierung "substanzieller Streitkräfte" in den einstigen Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts oder der Sowjetunion verzichtet.
"Wir überprüfen derzeit unsere gesamte Beziehung zu Russland", sagte Rasmussen. Entscheidungen sollten bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister im Juni gefällt werden - je nach der weiteren Entwicklung der Situation und dem russischen Verhalten.
Abzug der russischen Truppen
Die aktuellen Ereignisse in der östlichen Ukraine, wo prorussische Aktivisten Behördengebäude angriffen und teils besetzten, geben nach Einschätzung Rasmussens "Anlass zu größter Besorgnis". Der Generalsekretär forderte den Abzug der im Grenzgebiet zur Ukraine stationierten russischen Truppen. Nach Angaben der Nato-Militärs stehen dort 35.000 bis 40.000 russische Soldaten zu einem Einsatz bereit.
Die Nato müsse ihre Einsatzbereitschaft verbessern, beispielsweise mit Manövern, sagte Rasmussen weiter. Unter anderem müsse auch die bisher noch nie eingesetzte Schnelle Eingreiftruppe (Nato Response Force/NRF) in einen Zustand hoher Einsatzbereitschaft versetzt werden.
Rasmussen forderte zudem die Regierungen auf, mehr Geld für die Verteidigung auszugeben. "Die Europäer haben zu viel und zu lange abgerüstet", sagte er. "Dies ist der Moment, um die Kürzungen zu stoppen und den bisherigen Trend wieder umzudrehen."
dpa/est - Arhivbild: Thierry Charlier (afp)