Im Ukraine-Konflikt hat sich die Lage gefährlich zugespitzt. Prorussische Kräfte stürmten mehrere öffentliche Gebäude im Osten des Landes. In der russischsprachigen Millionenstadt Donezk riefen die Besatzer der Gebietsverwaltung am Montag eine souveräne Volksrepublik aus. Sie kündigten spätestens für den 11. Mai ein Referendum über einen Anschluss an Russland an - nach dem Vorbild der Schwarzmeerhalbinsel Krim. Zudem forderten die Demonstranten Kremlchef Wladimir Putin auf, "Friedenssoldaten" zu entsenden.
In Kiew drohte Interimspräsident Alexander Turtschinow mit einem Anti-Terror-Einsatz gegen die "Separatisten". Er warf Russland in einer emotionalen Rede vor dem Parlament vor, es wolle "die Situation im Staat destabilisieren (...) und unser Land in Teile reißen".
Anders als auf der Krim gibt es in dem Gebiet an der Grenze zu Russland aber keine Mehrheit für einen Beitritt zur Russischen Föderation. Zudem hat Moskau die selbst ernannte Vertretung bisher nicht anerkannt und hat auch - im Gegensatz zur Schwarzmeerflotte auf der Krim - keine Truppen dort stationiert.
Die Europäische Union beobachte die Lage in der Ostukraine "genau und mit Sorge", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. "Politische Forderungen in der Ukraine müssen gewaltlos verfolgt werden, gemäß den demokratischen Standards und in rechtsstaatlicher Weise", sagte sie.
Vernichtung des ukrainischen Staates
Die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko warnte Russland, vor der Präsidentenwahl am 25. Mai Gebiete im Osten zu annektieren. Regierungschef Arseni Jazenjuk warf Moskau vor, eine Vernichtung des ukrainischen Staates zu planen. Russland hatte zuletzt die Gaspreise für Kiew deutlich angehoben und damit den wirtschaftlichen Druck auf das vor dem Bankrott stehende Land erhöht.
In der zweitgrößten Stadt Charkow erwarteten moskautreue Aktivisten Verstärkung aus anderen Städten, um ein Zeltlager zu organisieren - wie zuletzt bei antirussischen Demonstrationen auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Dort hatten blutige Proteste zum Machtwechsel in der Ex-Sowjetrepublik geführt. Charkows Gebietsverwaltungschef Igor Baluta machte Provokateure von außerhalb für die zugespitzte Lage verantwortlich.
In Lugansk leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein, nachdem Aktivisten das örtliche Geheimdienstgebäude gestürmt hatten. Dabei waren am Sonntag mehrere Menschen verletzt worden. Die Miliz in Lugansk wurde in "Kampfbereitschaft" versetzt, wie Behörden mitteilten. Die Zufahrtsstraßen zur Stadt seien gesperrt. Maskierte im Geheimdienstgebäude sollen die Waffenkammer geplündert haben.
Kreml-Chef Putin will sich in der kommenden Woche ausführlich zu dem Konflikt äußern. Am 17. April sei dazu im Staatsfernsehen die traditionelle Sendung "Direkter Draht" mit dem Kremlchef geplant, berichtete die Zeitung "Kommersant".
Russland hatte sich angesichts der Krise in dem Nachbarland immer wieder für einen föderalen Staat ausgesprochen, in dem die Gebiete ein weitgehendes Recht auf Selbstbestimmung haben. Putin hatte auch Vorwürfe des Westens zurückgewiesen, eine Militärintervention in der Ukraine zu planen.
Auf der Krim gab es unterdessen einen tödlichen Zwischenfall: Ein russischer Soldat erschoss einen ukrainischen Offizier im Streit, wie Behörden mitteilten. Der russische Soldat sei dabei von dem angetrunkenen 32 Jahre alten Offizier angegriffen und verletzt worden und habe dann die tödlichen Schüsse abgefeuert. Es werde wegen Mordes ermittelt, sagte Justizsprecher Andrej Wassilko der Agentur Interfax.
dpa/mh/sh - Bild: Sergey Bobok (afp)