Mit der ersten Runde der Kommunalwahlen steht die Regierung in Frankreich an diesem Sonntag vor dem ersten großen Stimmungstest seit der Wahl von Präsident François Hollande vor zwei Jahren. Dabei müssen die Sozialisten von Hollande angesichts schlechter Wirtschaftswerte und Rekordarbeitslosigkeit mit einem Denkzettel der Wähler rechnen.
Die konservative UMP steht mit innerparteilichen Streitereien und Affären kaum besser da. Profitieren könnte die rechtsextreme Front National um Marine Le Pen, die sich selbst als einzige Opposition gegen Sozialisten und Konservative und somit «einzigen Gegner des Systems» sieht.
In den knapp 37.000 Städten und Gemeinden können etwa 44,8 Millionen Wähler ihre Stimme abgeben. Auch 281.000 in Frankreich lebende EU-Bürger dürfen über die Besetzung in den kommunalen Parlamenten mitbestimmen.
Regionale Themen
Etwa drei Drittel der Wähler wollen sich laut Umfragen bei ihrer Entscheidung an regionalen Themen orientieren. Gleichzeitig sorgte die Auseinandersetzung um einen offenen Brief des konservativen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy unmittelbar vor der Wahl für landesweite Diskussionen. Der in mehrere Affären verstrickte Sarkozy verglich das Abhören seiner Telefone durch französische Ermittler mit Methoden der DDR-Staatssicherheit. Das sorgte für Empörung im Regierungslager bis hin zu Präsident Hollande.
Bei der Wahlbeteiligung von zuletzt 66,5 Prozent beim ersten Kommunalwahlgang 2008 wird eine Rückgang auf eine Marke von 60 Prozent oder sogar darunter erwartet.
Besonderes Augenmerk liegt auf Frankreichs großen Städten wie Paris oder Marseille. In der Hauptstadt wollen mit der Sozialistin Anne Hidalgo und der konservativen Nathalie Kosciusko-Morizet zwei Frauen die Nachfolge des amtierenden Sozialisten Bertrand Delanoë antreten.
Nach dem französischen Kommunalwahlrecht bekommt bei einer absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang die erfolgreiche Liste 50 Prozent der Sitze. Die andere Hälfte wird prozentual unter allen Listen mit mehr als fünf Prozent der Stimmen aufgeteilt.
Ohne absolute Mehrheit gibt es einen zweiten Wahlgang am 30. März, zu dem alle Listen mit mehr als zehn Prozent der Stimmen aus dem ersten Wahlgang antreten dürfen. Listen mit Ergebnissen zwischen fünf und zehn Prozent können sich für den zweiten Wahlgang mit anderen Listen verbünden.
Unter den rund 930 000 Kandidaten tritt Charlotte Ode in Marseille mit 102 Jahren als älteste Kandidatin für die Front National an. Genau einen Tag vor dem ersten Wahlgang feierte die parteilose Elise Machado aus Doubs ihren 18. Geburtstag. Sie ist damit jüngste Kandidatin bei den Kommunalwahlen in Frankreich.
dpa/rkr - Archivbild: Eric Feferberg (afp)