Erstmals seit dem umstrittenen Referendum auf der Krim haben sich Moskau und Kiew auf Ministerebene ausgetauscht. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe bei einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Igor Tenjuch "verschiedene Aspekte der Krise in der Ukraine und Maßnahmen zur Deeskalation der Lage auf der Krim" besprochen. Das teilte das Ministerium in Moskau am Donnerstag mit. Das Gespräch habe auf Wunsch der ukrainischen Seite stattgefunden. Dabei hätten die Ressortchefs vereinbart, die Kontakte fortzusetzen, hieß es in der Mitteilung weiter.
Zuletzt hatte sich der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk beklagt, dass sein russischer Kollege Dmitri Medwedew Gespräche mit ihm verweigere. Russland erkennt die Regierung in Kiew nicht an.
Die moskautreue Führung der Krim ließ den festgenommenen ukrainischen Marinechef Sergej Gajduk sowie sieben proukrainische Aktivisten frei, wie die Agentur Kriminform meldete. Der Vizeadmiral war am Vortag bei der Besetzung des ukrainischen Marine-Hauptquartiers in Sewastopol von prorussischen Kräften in Gewahrsam genommen worden. Schoigu hatte gefordert, Gajduks Ausreise aufs Festland zu ermöglichen.
Duma will Krim-Anschluss beschließen
In Moskau kündigte Außenminister Sergej Lawrow an, den juristischen Prozess des Beitritts der Krim zur Russischen Föderation noch in dieser Woche abzuschließen. Am Nachmittag wollte die Staatsduma den Beitrittsvertrag ratifizieren, an diesem Freitag soll der Föderationsrat zustimmen. Lawrow als Beauftragter für den Krim-Anschluss betonte, Russland werde weiter darauf achten, dass die Rechte seiner Bürger in allen Ländern sichergestellt würden.
Die Abstimmung fällt nahezu zeitgleich mit einem Besuch von Ban Ki Moon. Der UN-Generalsekretär wollte sich in der russischen Hauptstadt um eine Deeskalation des Konflikts um die Eingliederung der zur Ukraine gehörenden Krim in das russische Staatsgebiet bemühen. In Brüssel beraten derweil die EU-Staats- und Regierungschefs über eine gemeinsame Linie.
Ukraine zieht Truppen ab
Nach der Machtübernahme prorussischer Kräfte auf der Krim kündigte die ukrainische Führung derweil den Rückzug des eigenen Militärs auf das Festland an. Die Maßnahme sei nur vorübergehend, sagte der Chef des nationalen Sicherheitsrates in Kiew, Andrej Parubij, am Mittwoch nach Angaben der Agentur Unian. Kurz zuvor hatten prorussische Kräfte das Hauptquartier der ukrainischen Flotte in der Hafenstadt Sewastopol gestürmt. Der Sicherheitsrat der früheren Sowjetrepublik versetzte das eigene Militär in volle Kampfbereitschaft. Zudem kündigte die prowestliche Führung in Kiew an, eine Visapflicht für Russen einzuführen.
Auf der Krim hatten die Bewohner am Sonntag bei einem international nicht anerkannten Referendum mit großer Mehrheit für einen Beitritt zu Russland gestimmt. Die Ukraine, zu der die Halbinsel völkerrechtlich gehört, sowie der Westen werfen Russland einen eklatanten Bruch internationalen Rechts vor. Im UN-Sicherheitsrat gab sich das Land aber erneut unbeeindruckt vom westlichen Protest.
Russisches Vorgehen auf der Krim kritisiert
US-Vizepräsident Joe Biden kritisierte das russische Vorgehen auf der Krim als "unverhüllte Aggression" und drohte mit weiteren Konsequenzen. Einen Militäreinsatz der USA schloss Präsident Barack Obama allerdings aus. Großbritanniens Premierminister David Cameron rief zu einer Diskussion über einen Ausschluss Russlands aus dem Staatenbund G8 auf. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen fürchtet, dass Russland seine aggressive Politik auch nach der Annexion der Krim fortsetzt.
Ban will sich in Moskau mit Putin und Außenminister Sergej Lawrow treffen. Einen Tag später will er in Kiew mit Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Regierungschef Arseni Jazenjuk über die Lage sprechen. Der Besuch sei "Teil der diplomatischen Bemühungen, um alle Seiten zu einer friedlichen Lösung der Krise zu bewegen", teilten die Vereinten Nationen mit.
dpa/sh - Bild: Vasily Maximov (afp)