In der Krim-Krise weitet die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Russland aus. Die EU-Außenminister einigten sich am Montag in Brüssel auf eine Liste von 21 Personen, gegen die Einreiseverbote verhängt und deren Konten gesperrt werden. Betroffen sind 13 Russen und 8 Spitzenpolitiker der Krim. "Es ist ein Tag, an dem klare Botschaften stattfinden müssen", sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Es könne nicht sein, dass in Europa rechtswidrig Grenzen "korrigiert" würden.
Auf der Sanktionsliste ist der Regierungschef der Krim, Sergej Aksjonow, teilte die EU am Abend im Amtsblatt mit. Betroffen sind auch der Vorsitzende des Krim-Parlaments, Wladimir Konstantinow, und der Abgeordnete im russischen Föderationsrat, Andrej Klischas. Auf der Liste stehen auch Rustam Temirgalijew, Krim-Vizeregierungschef, und Alexej Tschaly, der Verwaltungschef der Hafenstadt Sewastopol.
Die Personen tragen laut Steinmeier in ganz unterschiedlicher Weise Verantwortung für die Zuspitzung der Krim-Krise. Im Visier sei aber nicht die "oberste Entscheidungsspitze". Zehn Personen aus Russland sind Duma-Angehörige und Angehörige des Föderationsrates. Dazu kommen hohe Militärs wie der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte, Alexander Vitko.
Die USA erließen Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen sieben russische Regierungsbeamte sowie vier ukrainische Politiker, darunter den entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch.
Drei-Stufen-Plan
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits am 6. März im Rahmen eines Drei-Stufen-Planns die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für Russen und über ein neues Rahmenabkommen zwischen der EU und Russland ausgesetzt.
Umfassende Wirtschaftssanktionen könnten bereits am Donnerstag bei einem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel auf der Tagesordnung stehen, so Diplomaten. Die EU hat sie für den Fall einer weiteren Destabilisierung der Ukraine durch Russland angedroht. In der Debatte ist auch ein Fernbleiben beim geplanten G8-Gipfel Anfang Juni im russischen Sotschi. Die G8-Gruppe vereinigt die wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt.
Die EU bezeichnet die Volksabstimmung auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim vom Sonntag über einen Anschluss an Russland als illegal und völkerrechtswidrig. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sprach vom "stärkstmöglichen Signal" an Russland. Steinmeier resümierte: "Das ist nicht nur völkerrechtlich inakzeptabel, sondern es ist völkerrechtswidrig, was dort betrieben wird."
In einer Erklärung forderten die 28 Ressortchefs Moskau auf, die Lage zu deeskalieren und seine Truppen auf den Stand vor Ausbruch der Krise zurückzuziehen. "Weitere Schritte der Russischen Föderation zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine würde zu zusätzlichen und weitreichenden Folgen(...)" führen. Sie unterstützen die Entsendung einer Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Ukraine.
Die EU will die Ukraine bei ihrem Westkurs unterstützen. Der politische Teil des fertig ausgehandelten Partnerschaftsababkommens solle bei EU-Gipfel an diesem Freitag (21.3.) unterschrieben werden. Der Pakt sollte bereits im November von dem damaligen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch beim EU-Ostgipfel im litauischen Vilnius besiegelt werden. Der inzwischen entmachtete Staatschef legte das Abkommen auf Druck Moskaus jedoch auf Eis und provozierte damit monatelange Massenproteste in seinem Land.
Russland will die Krim rasch in die Russische Föderation aufnehmen. Präsident Putin verwies in einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama auf das freie Recht der Menschen zur Selbstbestimmung. An diesem Dienstag will er sich in einer Grundsatzrede vor beiden Kammern des Parlaments zu einem Beitritt der Halbinsel zu Russland äußern. Vizeparlamentschef Sergej Newerow sagte in Moskau: "Die Menschen haben für die Wiedervereinigung mit einem Volk gestimmt, mit dem sie immer gelebt haben."
Begrenzte Möglichkeiten der EU
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn verwies auf die begrenzten Möglichkeiten der EU, der Ukraine im Konflikt mit Russland beizustehen. "Die Sanktionen, über die wir heute sprechen, können natürlich den Status wie er vorher war nicht wiederherstellen", sagte er in Brüssel. "Heute segnen wir nicht irgendetwas ab, was illegal zustande kam. Aber realpolitisch müssen wir schon der Wahrheit in die Augen schauen." An der Lage auf der Krim könne man "nichts mehr ändern".
Wichtiger sei, sagte der britische Außenminister William Hague, dass die EU zu weitergehenden Sanktionen bereit sei: "Und es wird langfristige Kosten und Konsequenzen für Russland geben, wenn Moskau weiterhin auf diese Weise vorgehen will."
An den Börsen ging es nach dem Krim-Referendum am Montag nach oben. In der vergangenen Woche hatte ihn die Unsicherheit um die Krim-Krise um mehr als drei Prozent ins Minus gedrückt. Die Entscheidung der Wähler auf der Krim für einen Anschluss an Russland habe nicht überrascht, sagten Händler. Insgesamt würden die Risiken für die globale Konjunktur aber offenbar als gering beurteilt. Tatsächlich reagierten die Ölmärkte auf den Erlass erster Sanktionen gegen Russland gelassen. Die Ölpreise fielen im Tagesverlauf sogar leicht.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sprach zu Beginn des Treffens vom "stärkstmöglichen Signal" an Russland: "Und das Signal ist, dass wir sicherstellen wollen, dass sie (die Russen) den Ernst der Lage erkennen." "Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und so tun, als wäre nichts gewesen", sagte Catherine Ashton, "so etwas können wir nicht durchgehen lassen." Mit dem Referendum hat Russland Fakten geschaffen. Am Ergebnis bestand ja nie der Hauch eines Zweifels. Wenn jetzt von einer Zustimmung von über 96 Prozent für eine Angliederung an Russland die Rede ist, dann ist das beileibe keine Überraschung. Die EU bezeichnet die Volksabstimmung auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim vom Sonntag über einen Anschluss an Russland als illegal und völkerrechtswidrig.
Umfassende Wirtschaftssanktionen könnten bereits am Donnerstag bei einem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel auf der Tagesordnung stehen. Die EU hat sie für den Fall einer weiteren Destabilisierung der Ukraine durch Russland angedroht.
Internationale Regeln missachtet
Der Westen stellt denn auch das Referendum an sich in Frage. Außenminister Didier Reynders sagte: "Die ukrainische Verfassung sieht die Möglichkeit der Volksbefragung nicht vor, hier werden auch internationale Regeln missachtet." Außerdem sei der Druck viel zu hoch, schließlich befänden sich russlandtreue Truppen in der Region. Deswegen müsse die EU denn auch entschlossen reagieren, so Reynders. Zweigleisig: Die Regierung in Kiew müsse politisch und wirtschaftlich unterstützt werden und es müssten Sanktionen gegen Russland beschlossen werden.
Reynders äußerte sich im fernen Saudi Arabien zur Lage auf der Krim. Dort befindet sich nämlich der Außenminister gemeinsam mit einer großen belgischen Wirtschaftsdelegation, die von Prinzessin Astrid angeführt wird.
"Europa darf jetzt nicht locker lassen", sagt Außenminister Didier Reynders. "Wir müssen den Druck verstärken. Wenn wir das nicht tun, dann gibt es keine Grenzen. Und das wäre nicht nur für die Ukraine, sondern auch für andere Länder mittelfristig ein Problem."
dpa/mh - Bild: John Thys (afp)