Jean-Claude Juncker geht als hoher Favorit in die Kampfabstimmung um die Spitzenkandidatur der europäischen Konservativen für die Europawahl im Mai. Nach dem Rückzug des früheren lettischen Ministerpräsidenten Valdis Dombrovskis tritt am Freitag im irischen Dublin nur noch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier aus Frankreich gegen den Luxemburger an. Juncker hat die Rückendeckung unter anderem von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.
Die EVP, derzeit größte Partei in Europa und in Umfragen gegenwärtig gleichauf mit den Sozialisten, ist die letzte große Partei, die ihren Spitzenkandidaten kürt. Die Sozialisten gehen mit dem deutschen SPD-Politiker Martin Schulz ins Rennen.
Die Europäische Volkspartei, ein Zusammenschluss von 73 Parteien aus 39 Ländern, ist am Donnerstag zu ihrem Nominierungsparteitag zusammenkommen. Die 2000 Delegierten wollen auch die Leitlinien für die Wahlkampagne verabschieden. Die Konservativen ziehen unter dem Motto "Glaube an den Menschen!" in den Wahlkampf, der sich vor allem um die Themen Arbeitsplätze und Wachstum drehen soll. "Wir müssen hier ein klareres Profil zeigen", forderte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe in der EVP, Herbert Reul.
Der Sieger der Kampfabstimmung am Freitag - entweder der langjährige Europa-Kenner Juncker oder Binnenmarktkommissar Barnier - wird der erste offizielle Spitzenkandidat der EVP sein. Wer am Freitag nominiert wird, hat gute Chancen auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu beerben, dessen zweite Amtszeit im Oktober zu Ende geht.
Über die Verknüpfung von Spitzenkandidatur und Besetzung des Amtes des Kommissionspräsidenten hatte es lange Zeit erhebliche Diskussionen gegeben. Ob es letztlich dazu kommt, dass der Spitzenmann der siegreichen Partei Barroso nachfolgt, ist noch immer nicht vollends geklärt. Die deutsche Kanzlerin Merkel hatte vor einigen Monaten erklärt, sie sehe "keinen Automatismus".
Die Spitzenkandidaten werden von den Parteien unter anderem aufgestellt, um die Wahlen spannender zu machen und so eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. Auf diese Weise soll auch dem Vorwurf des Demokratiedefizits auf europäischer Ebene begegnet werden.
Der Parteitag in Dublin wird von den Ereignissen in der Ukraine überschattet. Vor einem Gipfeltreffen der konservativen Staats- und Regierungschefs der EU werden in Dublin Redebeiträge unter anderem der ukrainischen Politiker Julia Timoschenko und Vitali Klitschko erwartet.
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