Gleich die erste Zeugin der Anklage im Mordprozess gegen Oscar Pistorius hat den südafrikanischen Sportstar schwer belastet. Sie habe als Pistorius' Nachbarin in der Tatnacht laute Schreie einer Frau gehört und danach Schüsse, sagte Michelle Burger am ersten Prozesstag in Pretoria.
"Sie schrie furchtbar und rief um Hilfe", sagte die Zeugin am Montag aus. Zwischen den Schüssen später habe es eine größere Pause gegeben. Das Haus der Zeugin liegt ungefähr 150 Meter vom Domizil des Angeklagten entfernt.
Pistorius hat stets behauptet, er habe keinen Streit mit seiner Freundin Reeva Steenkamp gehabt. Auch will er die tödlichen Schüsse auf Steenkamp kurz hintereinander abgegeben haben. Der 27-Jährige sagt, er habe nachts einen Einbrecher hinter der verschlossenen Badezimmertür vermutet, durch die er schoss.
Der beinamputierte Paralympics-Star hatte sich zum Prozessauftakt als "nicht schuldig" im Sinne der Mordanklage bezeichnet. Zuvor hatte ihn der Staatsanwalt des vorsätzlichen Mordes an Steenkamp beschuldigt. Pistorius habe seine Freundin am 14. Februar 2013 mit Absicht und gezielt erschossen. Staatsanwalt Gerrie Nel betonte, Indizien und Zeugen würden klar die Schuld von Pistorius belegen. Der Verteidiger Barry Roux bezeichnete die Schilderungen der Anklage als falsch: "Sie könnten nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein."
Prozess beginnt mit Verspätung
Der spektakuläre Prozess, der auf zunächst 15 Verhandlungstage angesetzt ist, wurde von mehreren südafrikanischen Fernsehsendern erstmals live übertragen. 300 Journalisten aus dem In- und Ausland hatten sich angesagt. Allein im Gerichtssaal befanden sich 80 Reporter, mehr waren nicht zugelassen.
Der Prozess unter dem Vorsitz der Richterin Thokozile Masipa begann nach Angaben des Gerichts wegen der Abwesenheit eines Übersetzers mit 90 Minuten Verspätung. Zudem soll eine Frau versucht haben, dem Gericht neues Entlastungsmaterial über Pistorius zu übergeben.
Im voll besetzten Gerichtssaal saßen zahlreiche Verwandte und Freunde des Angeklagten und des Opfers. Erstmals überhaupt trafen am Montag im Gerichtssaal der Angeklagte und die Mutter des Opfers, Jane Steenkamp, zusammen. Die 67-Jährige saß schwarz gekleidet in der ersten Reihe. Sie hatte in einem Interview betont, sie wolle "Pistorius in die Augen sehen".
dpa/km - Bild: Marco Longari/AFP