Im schärfsten Konflikt in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges sucht die internationale Gemeinschaft eine Antwort auf den russischen Alleingang auf der Krim.
Auf der autonomen ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel herrschte am Montag nach dem Machtwechsel gespannte Ruhe. Auf diplomatischer Ebene wurde um eine Entschärfung der explosiven Lage gerungen.
In Wien kam die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) zu einer Sondersitzung zusammen, in Brüssel trafen sich die EU-Außenminister. Bei der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf verteidigte Moskau sein Vorgehen. Gleichzeitig suchte die UN-Vetomacht den Schulterschluss mit China.
Russland kontrolliert Krim
Die Krim-Halbinsel, die auch Sitz der russischen Schwarzmeerflotte ist, steht seit dem Wochenende vollständig unter Kontrolle moskautreuer Kräfte. Zuvor hatten sich die Spannungen dort seit dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch am 22. Februar dramatisch verschärft. In der überwiegend von Russen bewohnten autonomen Republik gibt es Abspaltungsbestrebungen. Die Regierung ist abgesetzt, der moskautreue neue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow hat Kremlchef Wladimir Putin um Beistand gebeten.
Einen offiziellen Marschbefehl aus Moskau gibt es noch nicht. Das russische Militär hat nach US-Erkenntnissen aber inzwischen die "totale operative Kontrolle" auf der Krim. Zu den Streitkräften auf dem Boden zählten 6000 Fallschirmjäger und Marinesoldaten, sagte ein hoher US-Regierungsbeamter. Weitere Verstärkung würde eingeflogen.
G7 bieten Ukraine Finanzhilfe an
In der Nacht hatten die sieben führenden Industrienationen der Welt (G7) als Reaktion alle Vorbereitungstreffen für den G8-Gipfel mit Russland im Juni in Sotschi ausgesetzt. Außerdem boten sie der vor dem Staatsbankrott stehenden Ukraine "starken finanziellen Rückhalt" an.
Zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sollten die unmittelbaren wirtschaftlichen Herausforderungen bewältigt werden, erklärten die G7-Finanzminister am Montag. Außerdem stellten sie Hilfe bei der Begleichung von Schulden beim russischen Energiekonzern Gazprom noch für diesen Monat in Aussicht.
Lawrow verteidigt Militäreinsatz in der Ukraine
Russlands Außenminister Sergej Lawrow nannte in Genf das Vorgehen Moskaus eine "Frage der Verteidigung unserer Bürger und Landsleute und der Sicherung ihrer Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf Leben". Der Übergangsregierung in Kiew warf er vor, grundlegende Menschenrechte der Russen in der Ukraine zu missachten.
Zuvor hatte Lawrow sich der Unterstützung seines chinesischen Amtskollegen Wang Yi versichert. Die beiden UN-Vetomächte seien sich "in weiten Teilen einig", teilte das Außenamt in Moskau mit.
Der neue prorussische Krim-Regierungschef Aksjonow verteidigte die Machtübernahme auf der Schwarzmeer-Halbinsel. In Kiew auf dem Maidan hätten Politiker zuletzt das ukrainische Volk aufgerufen, die Macht in die eigenen Hände zu nehmen. Was für die Hauptstadt gelte, müsse auch für die Autonome Republik Krim gelten, sagte Aksjonow in einem Interview der Zeitung "Rossijskaja Gaseta".
Angst vor Eskalation treibt Ölpreis in die Höhe
Die Ölpreise stiegen wegen der Sorge vor einer weiteren Verschärfung der Lage kräftig. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im April kostete im frühen Handel 110,67 US-Dollar. Das waren 1,60 Dollar mehr als am Freitag und dürfte viele zusätzliche Millionen in die Kassen der Rohstoffmacht Russland spülen.
Andererseits riss die sich zuspitzende Situation in der Ukraine den russischen Aktienmarkt tief ins Minus. Der in US-Dollar berechnete RTS-Index brach im frühen Handel um mehr als zehn Prozent ein.
dpa/rkr - Archivbild: Vasily Maximov/AFP