Wer glaubt, nur in einer Bananenrepublik oder unter Palmen ginge es korrupt zu, der täuscht. Auch bei uns wird fleißig bestochen, werden sich unlautere Vorteile verschafft. Das glauben zumindest 75 Prozent der Europäer laut dem jüngsten Eurobarometer zum Thema Korruption. 120 Milliarden Euro gehen Europas Wirtschaft jährlich dadurch verloren, schätzt die Europäische Kommission. Und der Machtmissbrauch kann vielfältig sein, wie Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Innenpolitik, erklärt. In einigen EU-Staaten laufe die Vergabe öffentlicher Aufträge undurchsichtig ab, in anderen Ländern sei die Parteienfinanzierung fragwürdig. Lokale Behörden seien besonders anfällig. Und in einigen Ländern müssten die Patienten Schmiergeld zahlen, um die passende Behandlung zu bekommen.
Ein Ranking stellt die EU nicht auf, sondern macht eine Bestandsaufnahme. Dabei fällt auf: Die Unterschiede zwischen Wahrnehmung und tatsächlicher Korruption sind groß. Beispiel Belgien: 67 Prozent denken, dass Bestechung und Vorteilsnahme weit verbreitet sind, aber nur drei Prozent geben an, im letzten Jahr tatsächlich Schmiergeld gezahlt oder erhalten zu haben. Anders in Griechenland: Dort ist fast jeder davon überzeugt, dass korrumpiert wird. In Rumänien gibt laut Eurobarometer jeder Vierte zu, Schmiergeld gezahlt zu haben.
"Es wird zu wenig unternommen und zwar in allen Mitgliedsstaaten", sagt Kommissarin Cecilia Malmström. Es fehlten der Wille, wirklich etwas gegen Missbrauch aller Art unternehmen zu wollen und strenge Gesetze. "Vetternwirtschaft ist vor allem ein Problem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auf lokaler Ebene - etwa bei Städten und Gemeinden. Der größte Schaden entsteht dabei für uns Steuerzahler", meint Malmström. "Wenn Korruption im Spiel ist, bekommen wir nicht die beste Dienstleistung für unser Geld", sagt die Kommissarin. Auch die Glaubwürdigkeit leide darunter.
In Bezug auf Belgien schreibt die Kommission in ihrem ersten Bericht: Zwar verfüge das Land über die nötigen Instrumente, um gegen Korruption vorzugehen. Aber der Kampf könnte besser und effizienter verlaufen. Außerdem seien die Regeln nicht in allen Landesteilen gleich streng. Alle Amtsträger in Belgien sollten deshalb ethischen Regeln unterworfen sein. Und: Die Kommission rät dazu, mehr Geld für die Justiz vorzusehen, damit Korruptionsfälle nicht verjähren.
In zwei Jahren will die EU einen neuen Anti-Korruptionsbericht vorlegen.
Archivild: Georges Gobet (afp)