Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen bleiben tief gestört. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz demonstrierten beide Seiten am Samstag in wichtigen Fragen der Sicherheitspolitik ihre jeweils völlig andere Sicht der Dinge: auf den Machtkampf in der Ukraine und den Bürgerkrieg in Syrien ebenso wie in Fragen der Abrüstung und der Menschenrechte.
Grundsätzlich beteuerten US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow zwar den Willen zur Zusammenarbeit. Doch machten beide klar, dass kaum Hoffnung auf rasche Besserung der Beziehungen besteht.
Der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko rief die Regierungsgegner in seinem Heimatland eindringlich zum Weiterkämpfen auf. "Ohne Kampf gibt es keinen Sieg - deswegen müssen wir kämpfen. Und wir werden siegen", sagte er auf einer Demonstration in der Münchner Innenstadt. "Es reicht nicht, nur Gespräche zu führen, Solidarität zu zeigen. Das reicht nicht", sagte Klitschko dem Bayerischen Rundfunk.
Ex-Außenminister Arseni Jazenjuk, ein weiterer Oppositionsführer, lehnte in München ein Angebot der Vereinten Nationen zur Vermittlung vorerst ab. Die proeuropäische Opposition gegen die Führung von Präsident Viktor Janukowitsch geht seit Wochen im ganzen Land auf die Straße, um gegen dessen prorussischen Kurs zu protestieren. Die Demonstrationen eskalierten in Gewalt mit Toten.
US-Außenminister John Kerry sicherte der Opposition in der Ukraine die Solidarität der westlichen Welt zu. Die Menschen in der Ukraine hätten das Recht, ihre Zukunft selbst zu bestimmen, sagte Kerry. "Die USA und die Europäische Union stehen an der Seite des ukrainischen Volkes in diesem Kampf." Lawrow bestritt, dass es um die freie Entscheidung der Ukraine gehe. Tatsächlich habe die Nato schon 2007 beschlossen, dass die Ukraine eines Tages Mitglied des Bündnisses werde. "Hier wird eine Wahl aufgezwungen. Und Russland hat damit überhaupt nichts zu tun."
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, Russland missachte das Recht eines Staates, selbst über seine Bündnisse zu entscheiden. "Die Ukraine muss frei ihren europäischen Weg ohne ausländischen Druck einschlagen dürfen."
Lage in Syrien wird schlimmer
Auch der Bürgerkrieg in Syrien war ein wichtiges Thema in München. Die Vereinten Nationen zeichneten ein dramatisches Bild. "Die Lage in Syrien ist schlimm, und sie wird schlimmer", sagte UN-Vermittler Lakhdar Brahimi am späten Freitagabend. Er sprach von Städten, die zerstört seien wie Berlin am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Der UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres sagte: "Ich habe keinen Zweifel, dass der Syrien-Konflikt die schlimmste humanitäre Krise mindestens seit dem Völkermord in Ruanda ist."
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte Opposition und Regierung Syriens auf, die Verhandlungen ernsthaft fortzusetzen. Ban sagte, er habe mit Kerry und Lawrow über die Lage gesprochen: "Ich habe sie gebeten, ihren Einfluss geltend zu machen, dass die Verhandlungen wie geplant am 10. Februar in Genf fortgesetzt werden."
USA umgarnen Europa
Nach der NSA-Spähaffäre warb Kerry bei den ausgespähten europäischen Partner für eine Renaissance der transatlantischen Beziehungen. Die USA und Europa seien dann am stärksten, wenn sie mit einer Stimme sprächen, sagte Kerry in seiner Rede. Er nannte gemeinsame, weltweite Herausforderungen wie den Bevölkerungsanstieg, die Bedrohung durch den Terrorismus, den Klimawandel sowie den Kampf gegen die Krisen auf der Welt. Dabei warb er insbesondere für ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA.
Zum 50. Mal treffen sich in München Staats- und Regierungschefs, Top-Militärs, Wissenschaftler und Manager. Ein Großaufgebot von über 3000 Polizisten sichert die Veranstaltung im Hotel Bayerischer Hof. Die Konferenz endet am Sonntag.
dpa/br/mh - Bild: Christof Stache/AFP