Blitzlichtgewitter bei der Ankunft von Russlands Präsident Wladimir Putin im Brüsseler EU-Ratsgebäude. Die lächelnden Gesichter wirken aber irgendwie verkrampft. An Streitthemen mangelt es nämlich nicht. Wie belastet die Beziehungen zwischen Brüssel und Moskau sind, das zeigt dann aber schon der Umstand, dass man sich gerade einmal zweieinhalb Stunden Zeit nehmen wollte, um die lange Liste der strittigen Fragen abzuarbeiten. Der Gipfel sollte ursprünglich schon am Montag begonnen haben, war vor einigen Tagen aber ohne Angabe von Gründen verkürzt worden.
Eingeläutet wurde der EU-Russland-Gipfel jedenfalls durch Leute, die nicht auf der Gästeliste standen: Fast schon traditionsgemäß protestierten zwei Aktivistinnen der Organisation "Femen" gegen den Besuch von Wladimir Putin -wie immer "oben ohne". "Putin Killer of Democracy", "Putin, Mörder der Demokratie", hatte sich eine der Frauen auf die nackte Haut geschrieben. Die Demonstrantinnen wollten damit auf die Lage in der Ukraine verweisen.
Der Machtkampf in Kiew: Zwei Stunden später stand der dann auch im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Wladimir Putin und seinen EU-Gesprächspartnern, dem EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José-Manuel Barroso. Flankiert wurden die Chefs von der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und vom russischen Außenminister Sergej Lawrow.
Für die Europäer ging es zunächst darum, einige Missverständnisse auszuräumen. Die Proteste in Kiew hatten sich ja an der Kehrtwende von Präsident Viktor Janukowitsch entzündet, der urplötzlich von dem geplanten Assoziierungsabkommen mit der EU abrückte und sich stattdessen Russland zuwandte. Moskau betrachtet die Ukraine als seine Einflusssphäre und die EU demzufolge als "Eindringling".
Die Europäer wollten dem Russen jetzt aber klarmachen, dass das eine das andere nicht ausschließe. Sprich: Ein Partnerschaftsabkommen mit der EU hindere die Ukraine in keiner Weise daran, auch mit Russland enger zusammenzuarbeiten.
Weitere Reizthemen
Die Ukraine alleine ist ja schon ein Thema, über das man quasi abendfüllend diskutieren kann. Nur: Erstens hatte man keinen ganzen Abend, sondern eben nur besagte anderthalb Stunden. Und zweitens: Daneben gab es ja auch noch weitere Reizthemen: der syrische Bürgerkrieg oder auch das iranische Atomprogramm. Nicht zu vergessen: die Menschenrechtslage in Russland. Zwar wurden im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Sotschi einige Oppositionelle freigelassen, wie der ehemalige Geschäftsmann und Putin-Gegner Michail Chodorkowski und die zwei in Haft verbleibenden Mitglieder der Frauen-Punk-Band Pussy Riot. Es gebe aber immer noch eine Reihe von Menschenrechtsproblemen, hieß es auf den Brüsseler Fluren.
Und dann gibt es da noch den Streit um die Schwarzmeer-Pipeline -Southstream genannt - über die der russische Energiekonzern Gazprom Gas in die EU einführen will. Die EU-Kommission will das Projekt kippen, weil es angeblich nicht mit der EU-Gesetzgebung vereinbar ist.
Bild: John Thys (afp)