Erstmals gibt es Hoffnung auf eine politische Lösung des blutigen Konflikts in Syrien. Im schweizerischen Montreux hat am Mittwochmorgen eine eintägige Friedenskonferenz begonnen.
Im Anschluss sind direkte Verhandlungen zwischen dem Regime und der Opposition geplant. Sie sollen einen Waffenstillstand und die Bildung einer Übergangsregierung vereinbaren. Westliche Diplomaten erwarten keine schnellen Erfolge. Mehrere Hundert Anhänger von Präsident Assad demonstrierten vor dem Konferenzgebäude.
Kerry fordert Rücktritt von Assad
Die syrischen Friedensverhandlungen müssen nach Ansicht der US-Regierung mit dem Rücktritt von Präsident Assad enden. Das größte Hindernis für Frieden in Syrien sei die Tatsache, «dass ein Mensch und eine Familie an der Macht kleben», sagte Außenminister Kerry bei der Eröffnung der Syrien-Friedenskonferenz im schweizerischen Montreux. Kerry warf Assad vor, sein Regime habe Syrien «zu einem Magneten für Terroristen» aus aller Welt gemacht.
Keine schnellen Erfolge erwartet
Nach russischer Einschätzung werden sich die Friedensgespräche über mindestens eine Woche hinziehen. «Die erste Verhandlungsrunde dauert zwischen sieben und zehn Tagen», zitierte die Agentur Interfax am Dienstag einen namentlich nicht genannten Diplomat. Wahrscheinlich werde es dann nach einer kurzen Pause weitere Gesprächsrunden geben. Westliche Diplomaten erwarten keine schnellen Erfolge.
Für Belgien nimmt Außenminister Reynders an der Konferenz teil. Auch er hat im Vorfeld die Sorge geäußert, dass nicht so bald mit einer Lösung gerechnet werden könne.
Die Verhandlungen und die Zerstörung des Chemiewaffen-Arsenals des Landes waren auch Thema eines Telefonats zwischen den Präsidenten Russlands und der USA, Wladimir Putin und Barack Obama. Nähere Einzelheiten zu dem Gespräch wurden weder in Moskau noch in Washington bekanntgegeben.
Foltervorwürfe und Streit um Teilnahme des Irans
Unmittelbar vor Beginn der Friedensberatungen hatten Menschenrechtler schwere Foltervorwürfe gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad erhoben. Belastet wurde der Auftakt der Konferenz zudem vom Streit um die Ein- und spätere Ausladung des Irans.
Die britische Zeitung «Guardian» und der US-Nachrichtensender CNN berichteten, dass 11.000 Gefangene grausam gequält und getötet worden sein sollen. Die neuen Vorwürfe gegen Assad stützen sich auf Tausende Bilder eines ins Ausland geflüchteten syrischen Polizei-Fotografen und enthalten Hinweise auf systematische Folterung und massenhafte Tötung von Gefangenen. Sie zeigten demnach Leichen mit Folterspuren. Einigen seien die Augen ausgestochen worden, andere seien erdrosselt oder durch Stromstöße getötet worden
Grundlage der neuen Friedensgespräche ist der Genf-1-Kompromiss vom Juni 2012, der nie umgesetzt wurde. Er sieht eine Waffenruhe, die Freilassung politischer Häftlinge und die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition vor. In Syrien herrscht seit 2011 Bürgerkrieg. Mehr als 130.000 Menschen wurden bisher getötet.
Hilfsorganisationen: Kinder vorrangig behandeln
Mehrere Hilfsorganisationen haben in einem offenen Brief an die Teilnehmer der Syrien-Konferenz appelliert, den Schutz der Kinder vorrangig zu behandeln. Zu den 14 Unterzeichnern gehörten UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres, UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos, Unicef-Direktor Anthony Lake und der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, teilte die Organisation Save the Children am Mittwoch in Berlin mit. Es sei der erste gemeinsame Appell dieser Art an alle Konfliktparteien. Mehr als 11.000 Kinder seien bereits im syrischen Bürgerkrieg ums Leben gekommen.
Papst ruft zu Frieden auf
Papst Franziskus hat an die Syrien-Friedenskonferenz in der Schweiz appelliert, entschlossen einen Weg der Versöhnung, der Eintracht und des Wiederaufbaus in dem Bürgerkriegsland zu suchen. Alles sollte unternommen werden, was die Waffen in Syrien endlich zum Schweigen bringe und den Konflikt dort beende, der schon zu viel Leid gebracht habe, sagte Franziskus am Mittwoch nach der Generalaudienz auf dem Petersplatz. Alle in Syrien sollten an einem Weg zum Frieden arbeiten können und in dem jeweils anderen nicht den Feind sehen. Der Papst hatte mehrfach zu einer friedlichen Syrien-Lösung aufgerufen.
dpa/sh - Bild: Philippe Desmazes (afp)