Der zweite Tag der Volksabstimmung über die neue Verfassung ist am Mittwoch in Ägypten weitgehend ruhig verlaufen. Das Referendum sollte mit der Schließung der Wahllokale um 20:00 Uhr (MEZ) abgeschlossen werden. Mit Ergebnissen wird spätestens in drei Tagen gerechnet.
Von neuer tödlicher Gewalt am Rande des Votums wurde zunächst nichts bekannt. Bewaffnete stürmten am frühen Morgen ein Wahllokal südlich von Kairo, schossen in die Luft und zogen sich wieder zurück. Am Vortag waren bei Zusammenstößen zwischen Islamisten, die die Abstimmung boykottieren, und Sicherheitskräften elf Menschen ums Leben gekommen.
Der Verfassungsentwurf schreibt die Vorrechte des Militärs fest. Er garantiert - zumindest auf dem Papier - die Bürger- und Freiheitsrechte und drängt den Einfluss der Religion zurück, den die vorangegangene, von den Islamisten durchgesetzte Verfassung gewährleistet hatte.
Glatte Annahme des Verfassungsentwurfs durch Mehrheit der Wähler
Die glatte Annahme des Verfassungsentwurfs durch eine Mehrheit der Wähler scheint sicher. Viele Ägypter erhoffen sich von der Annahme des Grundgesetzes stabilere Verhältnisse im Land ohne weitere Umbrüche und politische Unruhen. Ergebnisse will die Wahlkommission innerhalb von drei Tagen verkünden. Die Veröffentlichung von inoffiziellen Teilergebnissen verstößt ihrer Ansicht nach gegen das Gesetz. Die verfeindeten politischen Lager reklamierten aber bereits nach dem ersten Tag jeweils Erfolge für sich.
Die Unterstützer des im Vorjahr entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi erklärten am Mittwoch, ein Großteil der Bevölkerung sei ihrem Aufruf zum Boykott der Abstimmung gefolgt. Die Islamisten riefen ihre Anhänger zu Protestaktionen auf.
Die Anhänger des Militärchefs Abdel Fattah al-Sisi behaupteten ihrerseits, die Wahlbeteiligung sei schon am ersten Tag der Abstimmung so hoch gewesen wie bei keiner Wahl seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak vor drei Jahren. Eine hohe Beteiligung könnte Al-Sisi dazu bewegen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen als Kandidat anzutreten.
In der Unruheprovinz Nord-Sinai hatten am Dienstag etwas mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Aus den anderen Provinzen lagen zunächst keine belastbaren Zahlen vor.
dpa/jp - Bild: Virginie Nguyen Hoang (afp)