Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt weitere Instrumente zur Bewältigung der Krise trotz Mini-Inflation und schwacher Konjunktur vorerst im Schrank. Wie erwartet beschloss der EZB-Rat am Donnerstag, den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent zu belassen, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.
Obwohl die Inflation im Euroraum im Dezember erneut sank, hatten Beobachter zunächst keine weitere Lockerung der Geldpolitik erwartet. Dennoch steigt der Druck auf Europas Währungshüter. Denn die Konjunktur kommt nur mühsam in Gang, und die Kreditvergabe an Unternehmen ging auch im November deutlich zurück. "Mit steigender Dauer der konjunkturellen Erholungsbewegung mehren sich die Sorgen, dass eine mangelnde Kreditversorgung die Konjunktur bremst", betonte Bayern-LB-Ökonom Johannes Mayr.
Die Währungshüter hatten den wichtigsten Zins zur Versorgung der Eurobanken mit Zentralbankgeld erst im November um 0,25 Prozentpunkte auf das neue Rekordtief gesenkt - und dies mit dem geringen Preisauftrieb begründet. EZB-Präsident Mario Draghi hatte betont, er erwarte einen langen Zeitraum niedriger Inflation. Nach dem Zinsschritt erklärte er, "im Moment keinen unmittelbaren Handlungsbedarf" zu sehen.
Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an. Das stärkt den Preisauftrieb. Die EZB sieht Preisstabilität bei knapp unter 2,0 Prozent Jahresteuerung. Im Dezember sank die jährliche Inflationsrate im Euroraum nach vorläufigen Zahlen des Statistikamts Eurostat von 0,9 Prozent auf 0,8 Prozent. Sie liegt damit weit entfernt von der Zielmarke der EZB.
Immerhin deutet der anhaltende Aufwärtstrend der Stimmungsindikatoren darauf hin, dass die Wirtschaft im Euroraum auch im Schlussquartal 2013 gewachsen und die Rezession endgültig überwunden ist.
Daher sind die Spekulationen um Strafzinsen auf gehortete Banken-Liquidität und EZB-Anleihekäufe in großem Stil vorerst verflogen. Beide Maßnahmen sind umstritten und sind daher bestenfalls im Notfall denkbar.
Im Kampf gegen die schwache Konjunktur gelten derzeit neue Finanzspritzen für das Bankensystem als wahrscheinlichstes Instrument. Nach Draghis Worten arbeitet die EZB bereits an entsprechenden Konzepten. Dabei suche die Notenbank nach Wegen, billige Langzeit-Kredite an Vorgaben zu knüpfen: Ziel müsse sein, dass die Banken das billige Zentralbankgeld in Form von Krediten an die Unternehmen weiterreichen.
Denn die EZB hatte in der Krise Billionensummen in das marode Bankensystem gespritzt. Doch die Banken nutzten das billige Geld, um damit höher verzinste Staatsanleihen aufzukaufen. Draghi erklärte: "Wenn wir etwas ähnliches wieder machen, wollen wir sicherstellen, dass das Geld in die Wirtschaft fließt." Verschiedene Ratsmitglieder wie Bundesbank-Präsident Jens Weidmannsehen das Vorhaben aber kritisch. Denn die Kopplung an die Kreditvergabe wäre ein Eingriff in die Entscheidungen der Geschäftsbanken.
dpa/mh - Archivbild: Daniel Roland (afp)