Vor der Freilassung einer weiteren Gruppe palästinensischer Häftlinge ist es zu neuen Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern gekommen. Die Autonomiebehörde in Ramallah reagierte zornig auf einen Vorstoß rechtsorientierter Koalitionsmitglieder zur Annektierung des Jordantals.
Der Chefunterhändler der Palästinenser, Saeb Erekat, übte scharfe Kritik an den israelischen Plänen für den Bau von 1400 weiteren Siedlerwohnungen. "Israel zerstört nicht nur den Friedensprozess, sondern auch die Zwei-Staaten-Lösung", sagte Erekat am Montag im palästinensischen Rundfunk.
Ein israelischer Ministerausschuss hatte zudem am Sonntag einen Vorschlag der regierenden rechtsorientierten Likud-Partei zur Annektierung des Jordantals am östlichen Rand des Westjordanlands gebilligt. Die Palästinenser sehen das Jordantal als Teil ihres künftigen Staates, Israel will dort jedoch eine Militärpräsenz behalten. Israels Verhandlungsführerin Zipi Livni kritisierte, der Vorstoß schade dem Friedensprozess. "Dieser Entwurf hätte nicht gebilligt werden dürfen, wir werden ihn stoppen", sagte die Justizministerin dem israelischen Rundfunk am Montag.
Die Initiative gilt allerdings als aussichtslos. Sie wird als reiner Protestakt rechtsorientierter Minister eingestuft, die gegen den Friedensprozess sind. Es wird nicht damit gerechnet, dass er die notwendigen weiteren Phasen bis zu einer endgültigen Billigung passiert: eine Abstimmung innerhalb der Regierung sowie drei Lesungen im Parlament.
Wenige Stunden vor ihrer erwarteten Freilassung wurde am Montag eine dritte Gruppe palästinensischer Langzeithäftlinge in das Militärlager Ofer am Rande des Westjordanlands gebracht. Drei von 26 Häftlingen sollen in den Gazastreifen und der Rest ins Westjordanland oder nach Ost-Jerusalem zurückkehren. Die meisten von ihnen waren vor Beginn des Friedensprozesses zwischen Israel und den Palästinensern 1993 wegen Mordes verurteilt worden.
Familien von Terroropfern haben vor Gericht Beschwerde gegen die Freilassung eingereicht. Bei Demonstrationen gegen den umstrittenen Schritt wurden am Sonntagabend in Jerusalem zwei Menschen festgenommen.
Israel hatte sich mit Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen im Juli zur Freilassung von insgesamt 104 Häftlingen verpflichtet, von denen die Hälfte inzwischen auf freiem Fuß ist. Am Donnerstag wird US-Außenminister Kerry zu seinem zehnten Vermittlungsbesuch binnen eines Jahres in der Region erwartet. Nach Medienberichten will er beiden Seiten ein Rahmenabkommen zur Lösung ihres Konflikts vorlegen.
dpa/est - Bild: Jaafar Ashtiyeh (afp)