Blutige Terrorserie vor den Olympischen Spielen in Russland: Bei einem erneuten Bombenanschlag in der Stadt Wolgograd sind mindestens 14 Menschen getötet und 41 verletzt worden. Ein Selbstmordattentäter habe am Montag in einem voll besetzten Linienbus einen mit Metallstücken gefüllten Sprengsatz gezündet, teilte die Ermittlungsbehörde in Moskau mit. Präsident Wladimir Putin beauftragte den Inlandsgeheimdienst FSB, die Drahtzieher zur Rechenschaft zu ziehen. Die Bundesregierung verurteilte den Anschlag. Es war der dritte Terroranschlag in der Millionenstadt seit Ende Oktober.
Aus Angst vor weiteren Anschlägen verzichteten viele Wolgograder darauf, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, wie russische Medien berichteten. Am Sonntag waren bei einem Bombenattentat im Zentralbahnhof von Wolgograd mindestens 17 Menschen getötet worden. Ermittlern zufolge tragen beide Anschläge die gleiche Handschrift. Ende Oktober hatte zudem eine Selbstmordattentäterin in einem Bus in Wolgograd mit einer Bombe sechs Insassen und sich selbst getötet.
Islamisten aus dem Konfliktgebiet Nordkaukasus hatten zu Attentaten aufgerufen, um die Vorbereitungen der Olympischen Winterspiele vom 7. bis 23. Februar in Sotschi zu stören. Wolgograd liegt etwa 700 Kilometer von Sotschi entfernt. In der bergigen Vielvölkerregion kämpfen Islamisten um die Errichtung eines vom Kreml unabhängigen Kaukasusemirats.
Sicherheit der Spiele gewährleistet
Trotz der Anschläge sei die Sicherheit der Spiele gewährleistet, sagte der Chef des Nationalen Olympischen Komitees, Alexander Schukow. Alle notwendigen Schritte seien unternommen. Schon jetzt gelten die Maßnahmen im Schwarzmeerort Sotschi als extrem hoch. Kritiker beklagen eine "Totalüberwachung" Russlands wegen der Spiele.
Die Bombe mit einer Sprengkraft von mindestens vier Kilogramm TNT sei mit Metallstücken gefüllt gewesen, hieß es. "Die Teile waren identisch mit dem Inhalt der Bombe am Sonntag im Bahnhof von Wolgograd", sagte Wladimir Markin von der Ermittlungsbehörde. Die Terroristen hätten das frühere Stalingrad vermutlich gewählt, weil es ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt sei.
Körperteile des Selbstmordattentäters seien sichergestellt worden. "Jetzt läuft die Identifizierung", sagte Markin der Agentur Interfax.
Mehrere Abgeordnete forderten als Reaktion auf die Anschläge die Wiedereinführung der Todesstrafe für Terroristen. Dies wiesen Bürgerrechtler zurück. "Hysterische Aufrufe helfen nicht weiter", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Wladimir Lukin. Russland hatte die Todesstrafe 1997 per Moratorium ausgesetzt.
Der Täter in dem Bus habe besonders viele Menschen töten wollen, sagte Markin. "Die Bombe explodierte mitten im Berufsverkehr in der Nähe eines Marktes. Dort befanden sich auch viele Kinder."
Zum Zeitpunkt der Explosion sei der Bus der Linie N15, die von einer Plattenbausiedlung in das Stadtzentrum führt, voll besetzt gewesen, sagte ein Mitglied der Rettungskräfte. Die Detonation habe das Fahrzeug völlig zerstört. "Der Knall war kilometerweit zu hören."
Zu Beratungen über die Sicherheitslage traf Putin in Moskau auch Regierungschef Dmitri Medwedew. Beide Politiker bekräftigten, dass die Anschläge nicht ungesühnt bleiben dürften. Bei Anti-Terror-Einsätzen im Nordkaukasus töteten kremltreue Einheiten mindestens fünf Aufständische. Die Männer hätten sich an Anschlägen auf Regierungseinrichtungen beteiligt, sagte ein Armeesprecher.
Zahl der Toten von Sonntag steigt auf 17 - Schärfere Kontrollen
Nach dem Selbstmordanschlag im Bahnhof der russischen Großstadt Wolgograd ist die Zahl der Toten auf insgesamt 17 gestiegen. Ein Mann sei in der Nacht im Krankenhaus gestorben, teilte die Klinikverwaltung in Moskau am Montag der Agentur Interfax zufolge mit. Bei dem Bombenanschlag in der früher als Stalingrad bekannten Stadt hatte ein Attentäter am Sonntag auch rund 50 Menschen verletzt. Mindestens sieben Betroffene seien in die knapp 1000 Kilometer entfernte Hauptstadt Moskau geflogen worden, hieß es. Sie sind durch Metallsplitter in der Bombe so schwer verletzt, dass sie in Spezialkliniken operiert werden müssen.
Russische Ermittler fahnden mit Nachdruck nach den Hintermännern. Der Attentäter könnte nach inoffiziellen Angaben aus der nahen Konfliktregion Nordkaukasus stammen. Dort kämpfen etwa Islamisten um die Errichtung eines vom Kreml unabhängigen Kaukasusemirats.
Nach dem Selbstmordanschlag im Bahnhof der Großstadt Wolgograd am Sonntag hat das russische Innenministerium landesweit verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. In der U-Bahn der Hauptstadt Moskau und anderen Metropolen des Landes sollen Polizisten verstärkt Streife laufen, wie ein Ministeriumssprecher ankündigte. Es war das dritte Attentat in Südrussland seit Ende Oktober.
Bei dem Anschlag in der Millionenstadt Wolgograd wurden zudem mehr als 30 Menschen verletzt. Fünf der Opfer schwebten am Abend noch in Lebensgefahr. Der tschetschenische Islamistenführer Doku Umarow hatte im Sommer zu Attentaten aufgerufen, um die Olympischen Spiele zu torpedieren. Wolgograd liegt etwa 700 Kilometer von Sotschi entfernt.
Das US-Außenministerium verurteilte den Terroranschlag auf das Schärfste. "Wir stehen an der Seite des russischen Volkes gegen jede Art von Terrorismus", hieß es in einer am Sonntag in Washington verbreiteten Stellungnahme. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats verurteilten das Selbstmordattentat.
In Russland wächst derweil die Sorge vor weiteren Anschlägen. Ende Oktober hatte ebenfalls in Wolgograd eine Selbstmordattentäterin in einem Linienbus mit einer Bombe sechs Passagiere und sich selbst getötet. Wie diese Frau könnte auch die Attentäterin vom Sonntag aus der Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus stammen, sagte ein Ermittler.
Am Freitagabend hatte die Explosion einer Autobombe vor einer Polizeistation im Kurort Pjatigorsk im Nordkaukasus drei Menschen getötet. In der bergigen Vielvölkerregion Nordkaukasus kommt es immer wieder zu blutigen Gefechten zwischen Kreml-Einheiten und Extremisten.
Trotz Anschlägen: Bach glaubt an sichere Winterspiele
Trotz der verheerenden Terroranschläge in Wolgograd glaubt IOC-Präsident Thomas Bach an sichere Winterspiele in Sotschi. Er habe volles Vertrauen, dass die russischen Behörden für sichere Spiele sorgen werden, erklärte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees in einer Mitteilung vom Montag.
Bach habe Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Brief seine Anteilnahme wegen der «feigen und hinterhältigen» Anschläge ausgedrückt, teilte das IOC weiter mit. Bei den Terrorakten am Sonntag und Montag waren in der rund 700 Kilometer von Sotschi entfernten Stadt mehr als 30 Menschen ums Leben gekommen.
Er sei «absolut sicher, dass alles dafür getan werde, um die Sicherheit der Athleten und aller übrigen Teilnehmer an den Spielen zu gewährlisten», erklärte Bach.
In knapp sechs Wochen beginnen im etwa 700 Kilometer von Wolgograd entfernten Sotschi die Olympischen Winterspiele. Islamisten aus dem Nordkaukasus hatten gedroht, die Wettkämpfe verhindern zu wollen.
dpa/est/okr - Bild: str/afp