Ein halbes Jahr nach der Entmachtung der Islamisten sollen die Ägypter am 14. und 15. Januar über den Entwurf einer neuen Verfassung abstimmen. Dies gab der ägyptische Übergangspräsident Adli Mansur am Samstag in Kairo bekannt. "Dieses Grundgesetz bestätigt, dass Ägypten auf dem richtigen Weg ist", sagte Mansur während einer Ansprache vor hohen Amts- und Würdenträgern.
Wird die Verfassung in dem Plebiszit angenommen, dann wäre damit der Weg zu Präsidenten- und Parlamentswahlen frei. Den letzten gewählten Staatschef, den Islamisten Mohammed Mursi, hat das Militär nach Massenprotesten gegen dessen Herrschaftsstil am 3. Juli abgesetzt. Den seit Monatsbeginn vorliegenden Verfassungsentwurf hat eine 50-köpfige Kommission ausgearbeitet, die Mansur im September eingesetzt hatte.
Bekenntnis zu den meisten Grund- und Menschenrechten
Der Verfassungsentwurf enthält ein Bekenntnis zu den meisten Grund- und Menschenrechten. Allerdings schreibt es auch Privilegien für das in Ägypten ohnehin mächtige Militär fest. So soll der Generalstab der Streitkräfte in den nächsten acht Jahren das exklusive Recht genießen, den Verteidigungsminister zu ernennen. Eine andere Regelung sieht vor, dass Zivilisten unter bestimmten Bedingungen weiterhin von den umstrittenen Militärgerichten abgeurteilt werden können.
Außerdem beinhaltet der Entwurf das Verbot jeglicher politischer Betätigung "auf religiöser Grundlage". Beobachtern zufolge könnte diese Bestimmung den Gerichten künftig eine Handhabe bieten, um die Gründung politischer Parteien durch die Muslimbruderschaft zu verhindern. Die islamistische Organisation, aus der der abgesetzte Präsident Mursi stammt, ist inzwischen verboten worden.
Der Entwurf des neuen Grundgesetzes definiert den Islam als offizielle Staatsreligion. Artikel 2 hält fest: "Die Prinzipien der islamischen Scharia (Religionsgesetz) sind die Hauptquelle der Gesetzgebung." Ähnliche Formulierungen waren auch in früheren ägyptischen Verfassungen enthalten und finden sich auch in den Grundgesetzen anderer arabischer Staaten.
Die letzte Verfassung war vom Militär nach dem Staatsstreich gegen Mursi aufgehoben und durch eine Verfassungserklärung mit vorübergehender Geltung ersetzt worden. Das Grundgesetz aus dem Jahr 2012 war in der Herrschaftszeit Mursis entstanden und höchst umstritten. An seiner Ausarbeitung hatten nur Abgeordnete aus der Muslimbruderschaft und einigen verbündeten islamistischen Parteien mitgewirkt.
dpa/rkr - Bild: ho/afp