Nach wochenlangen Massenprotesten hat Thailands Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angekündigt. Ihr Kabinett werde die Geschäfte vorübergehend weiterführen, erklärte sie am Montag in einer Fernsehansprache. Trotzdem zogen erneut mehr als hunderttausend Demonstranten durch die Hauptstadt Bangkok.
«Das ist nicht genug», sagte Thaworn Senneam, einer der Protestführer, zu den Maßnahmen Yinglucks. «Wir akzeptieren nicht, dass sie als Übergangsregierung im Amt bleiben.»
Seit Wochen protestiert die Opposition gegen die Regierung, der sie Korruption und Geldverschwendung vorwirft. Sofortige Neuwahlen lehnt die Opposition ab, weil sei davon ausgeht, dass die Regierung dabei dank der Unterstützung der Bauern erneut einen Sieg erringen würde. Die Regierung hatte sich etwa durch hohe Reissubventionen die Stimmenmehrheit der armen Landbevölkerung gesichert. Die Opposition fordert ein «Volkskomitee», das die Regierungsgeschäfte übernehmen und vor Neuwahlen eine neue Verfassung ausarbeiten soll.
Die Regierungschefin erklärte in ihrer TV-Ansprache weiter, sie habe sich zu dem Schritt entschlossen, weil «das Parlament nicht will, dass Thailand oder die Thailänder noch mehr Verluste erleiden müssen. Denn Thailand hat bereits viel gelitten». Vor einer Woche waren die Straßenproteste eskaliert, die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Mindestens vier Menschen kamen dabei ums Leben, mehr als 260 Menschen wurden verletzt.
Am Montag gingen erneut Zehntausende auf die Straßen - allerdings war es nicht die Million, die die Organisatoren erwartet hatten. Die Demonstranten verursachten riesige Staus, als sie mit Trillerpfeifen und Fahnen durch die vierspurigen Straßen Bangkoks zogen. Ziel der zahlreichen Protestzüge war der Regierungssitz von Yingluck, den die Oppositionellen belagern wollten. Unter den Demonstranten waren auch zahlreiche Abgeordnete der Opposition, die am Tag vor der Parlamentsauflösung ihr Mandat demonstrativ niedergelegt hatten.
Auslöser der Straßenproteste war ein Anfang November verabschiedetes Amnestiegesetz. Es hätte dem 2006 vom Militär gestürzten und wegen Amtsmissbrauchs zu einer Haftstrafe verurteilten Bruder der Regierungschefin, Thaksin Shinawatra, die Rückkehr nach Thailand als unbescholtener Bürger ermöglicht. Die Demonstranten wollen, dass Thaksin keinen Einfluss mehr auf die Politik des Landes hat. Die Regierung macht keinen Hehl daraus, dass Thaksin aus dem Ausland noch immer die Strippen zieht.
Erwartet wird, dass Protestführer Suthep Thaungsuban am Nachmittag vor dem Sitz der Ministerpräsidentin seine Forderungen verkündet. Das Haus wird nur von unbewaffneten Polizisten beschützt. «Ich denke, wir werden ihnen widerstandslos erlauben, das Gelände zu betreten», sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei hatte die angespannte Situation vor einer Woche auf ähnliche Weise entschärft. Als sie vor einem neuen Ansturm den Stacheldraht und die Betonblöcke beiseite schaffte, umarmten sich Sicherheitskräfte und Demonstranten.
dpa/jp - Foto: Philippe Lopez (afp)