Sturmflut, Stromausfälle, Störungen im Straßen-, Flug- und Zugverkehr: Orkan "Xaver" ist trotz allem glimpflicher ausgefallen als befürchtet. Deutschlands zweitgrößte Stadt Hamburg wurde am Freitagmorgen gut gesichert von einer der höchsten Sturmfluten ihrer Geschichte getroffen. Trotz hoher Windgeschwindigkeiten richtete der Sturm selbst in den am härtesten betroffenen Regionen im Norden vergleichsweise geringe Schäden an, auch wenn viele Bäume umknickten und Dächer abgedeckt wurden. Die Auswirkungen blieben geringer als bei Orkan "Christian" Ende Oktober. Schadenschätzungen der großen Rückversicherer gab es zunächst keine.
Die Nacht zum Nikolaustag brachte Millionen Menschen einen Wintereinbruch. Es gab vielerorts Neuschnee und Tausende Unfälle. Laut Deutschem Wetterdienst wurden in Glücksburg (Schleswig-Holstein) 158 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit gemessen.
Auch in Nachbarländern wie den Niederlanden oder aber in Skandinavien und Großbritannien ging es meist glimpflich aus. In Polen aber starben in Pommern drei Menschen, als ein Baum auf ihr Auto fiel, Hunderttausende Haushalte waren ohne Strom. In Großbritannien und Skandinavien gab es bereits Donnerstag drei Tote.
In Berlin riss der Sturm den Weihnachtsbaum vor Schloss Bellevue um, dem Amtssitz von Bundespräsident Joachim Gauck. Die 13 Meter hohe Tanne sollte noch am Freitag wieder aufgerichtet werden. Auf Helgoland, Deutschlands einziger Hochseeinsel, deckte der Sturm vereinzelt Häuser ab und drückte Fensterscheiben ein. An der Helgoland vorgelagerten Düne kam es zu größeren Sandabtragungen.
In Nord- und Mitteleuropa waren zeitweise Zehntausende Haushalte ohne Strom, in Deutschland etwa in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, aber auch in Gemeinden in Eifel und Westerwald.
Der Scheitel der Sturmflut erreichte Hamburg gegen 6:15 Uhr mit einem Wasserstand von 3,98 Meter über dem Mittleren Hochwasser. Bei der verheerenden Flut 1962 hatte der Wasserstand in Hamburg einen ähnlichen Wert. Damals waren die Deiche aber noch deutlich niedriger und weniger stabil. Allgemein war nur die Flut von 1976 noch höher, wie es bei der Hamburger Innenbehörde hieß. Am Freitagabend wurde eine weitere, niedrigere Sturmflut erwartet. Im Hafen galt zunächst für sehr große Schiffe weiterhin ein Fahrverbot.
Der bekannte Fischmarkt und einige Straßen entlang der Elbe standen unter Wasser. Ein Altenheim war vom Wasser eingeschlossen. Ein Zug der Hamburger Hochbahn war gegen einen umgestürzten Baum gefahren und entgleist.
Die Inseln und Halligen vor Schleswig-Holsteins Küste waren vom Festland aus nicht mehr zu erreichen. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich nach der Sturmnacht erleichtert. "Heute Nacht hat Deutschland den Atem angehalten und auf unsere Deiche geschaut - sie haben Stand gehalten."
In deutschen Mittelgebirgen wie Harz, Rhön oder Erzgebirge gab es oft Neuschnee, weiterer wurde erwartet. In Bayern brachte die Nacht Neuschnee - etwa im Allgäu, in München oder auch Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze.
Auf den Flughäfen in Hamburg, Hannover oder Bremen wurden etliche Flüge gestrichen, der Fernverkehr der Bahn zwischen Hannover, Bremen und Oldenburg war ebenso kurzzeitig unterbrochen wie die Schnellstrecke Hamburg-Berlin. In Cuxhaven wurde das Dach eines Hochhauses abgedeckt, in Stralsund das Dach eines Discounters.
In Dänemark rollten am Freitagmorgen die ersten Züge wieder aus den Bahnhöfen. Am Donnerstag war der Zugverkehr eingestellt worden.
In Schleswig-Holstein und Hamburg sowie Teilen Niedersachsens war auch am Freitag schulfrei, ebenso in Mecklenburg-Vorpommern an staatlichen Schulen. In Berlin und Brandenburg war die Schulpflicht aufgehoben. Viele der bundesweit vorsorglich geschlossenen Weihnachtsmärkte sollten am Freitag wieder offen für Besucher sein.
dpa/est/sh - Bild: Bodo Marks (afp)