Nach seiner bislang schwersten politischen Schlappe wurde es erst einmal still um Silvio Berlusconi. Der 77-Jährige verbrachte den Abend mit seiner Familie in seiner Villa bei Mailand und mied die Öffentlichkeit. Selbst seinen geplanten Auftritt in einer Talkshow sagte der sonst so angriffslustige Ex-Regierungschef ab - zu tief saß wohl der Schock über das tatsächliche vorläufige Ende seiner Karriere als Senator, nachdem ihn die Kammer wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs ausgeschlossen hat.
Doch Berlusconi wäre nicht Berlusconi, wenn er einfach so aufgeben und seinen Gegnern das Feld überlassen würde. Mehr als 20 Jahre lang hat er die Politik Italiens dominiert, so lange im Regierungspalast gesessen wie kein anderer. Als er mit seiner Partei Anfang der 90er den Einstieg in die Politik wagte, wurde er oft belächelt, doch der Sohn eines Bankangestellten legte eine beeindruckende Karriere hin.
Politischer Fixstern und Anführer seiner Partei, das kann Berlusconi auch ohne Senatorenmandat bleiben. Sein Medienimperium sichert ihm zudem weiter Einfluss. "Ich ziehe mich nicht in irgendein Kloster zurück, wir sind hier, wir bleiben hier", kündigte er am Mittwoch kurz vor seinem Rauswurf an. "Auch außerhalb des Parlaments kann man immer noch kämpfen, für die Freiheit einstehen."
Doch trotz der vollmundigen Ankündigungen scheint Berlusconi selbst noch nicht so genau zu wissen, wie sein neues Leben als Ex-Senator aussehen soll. Sicher scheint nur, dass der Milliardär irgendwann in den kommenden Monaten seine Sozialstunden ableisten muss. Berlusconi beim Toiletten putzen anstatt auf dem weich gepolsterten Senatorensessel - vor allem für den Medienmogul selbst eine erschreckende Vorstellung. Das sei inakzeptabel und mache nicht nur ihn sondern ganz Italien lächerlich, wetterte er vor einigen Tagen.
Die neun Monate Sozialdienst, die Berlusconi nach seiner Verurteilung anstatt eines Hausarrests gewählt hat, könnten zudem sein weiteres politisches Engagement zumindest erschweren. Wahrscheinlich werden dem Mitte-Rechts-Politiker strenge Bedingungen auferlegt, etwa Genehmigungen für Reisen oder politische Kontakte.
Doch das ist momentan längst nicht das drängendste Problem des dreimaligen Regierungschefs. Im Prozess wegen Steuerbetrugs war Berlusconi noch vergleichsweise glimpflich davongekommen, da seine Strafe wegen eines Amnestiegesetzes auf ein Jahr reduziert wurde. Sollte jedoch eine weitere Verurteilung dazukommen, wird die Luft für ihn dünner. Die wohl größte Gefahr geht dabei vom "Ruby"-Prozess aus, in dem der 77-Jährige für Sex mit minderjährigen Prostituierten bereits in erster Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.
Wird das Urteil in zweiter und dritter Instanz bestätigt - was durchaus noch im kommenden Jahr geschehen könnte - würde auch die Amnestieregelung nicht mehr greifen. Damit käme Berlusconi insgesamt auf ein Strafmaß von elf Jahren, das er dann im Hausarrest absitzen müsste. Es wäre das Ende aller politischen Ambitionen für eine lange Zeit und das wohl schlimmste Szenario für Berlusconi. Und dazu laufen ja noch weitere Prozesse - es könnte also noch dicker kommen.
Doch das ist frühestens 2014 soweit, bis dahin bleibt Berlusconi noch viel Zeit, um weiter zu kämpfen oder einen möglichen Nachfolger aufzubauen. Und auch die Treue und Unterstützung seiner Parteifreunde und seiner Familie sind ihm dabei sicher. Seine fast 50 Jahre jüngere Verlobte Francesca Pascale kündigte am Donnerstag trotzig an: "Ich werde einen Appell an Papst Franziskus richten. Einen Appell, bis er mich empfängt und die Geschichte von Berlusconi anhört."
dpa/okr Bild: Tiziana Fabi (afp)