Wenig Verbindlichkeit: Die UN-Klimakonferenz in Warschau hat einen Minimalkonsens errungen, zentrale Punkte aber vertagt. Es gibt einen Zeitplan für die Arbeit am Weltklimavertrag, der 2015 in Paris abgeschlossen werden soll. Die rechtliche Verbindlichkeit der Klimaschutzziele einzelner Länder blieb jedoch auch nach einem fast 40-stündigen Verhandlungsmarathon zum Ende der Konferenz offen. Die Delegierten beschlossen auch einen "Warschauer Mechanismus" zum Ausgleich der Schäden durch Wetterextreme in ärmeren Staaten und machten kleine Finanzzusagen, größere blieben jedoch diffus.
"Die Konferenz hat uns auf den Weg zu einer Vereinbarung im Jahr 2015 gebracht, aber nicht zu einer Welt mit weniger als zwei Grad (Erderwärmung)", sagte die Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, am Samstag. Eine Erderwärmung von zwei Grad gilt als gerade noch erträgliche Obergrenze für Mensch und Natur. "Es ist noch sehr viel mehr Handeln nötig», betonte sie.
EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard begrüßte das Ergebnis. "Die letzten Stunden (der Konferenz) haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, uns nach vorne zu bewegen." Es gebe sicherlich "schnellere und ebenere Wege nach Paris", meinte die Kommissarin. "Aber jetzt haben wir die Reise begonnen, jetzt müssen wir es dorthin schaffen."
"Warschauer Mechanismus"
Um Schäden und Verluste durch die Erderwärmung in armen Ländern auszugleichen, schuf die Konferenz den "Warschauer Mechanismus", doch der ist noch sehr unkonkret. "Wieder waren wir diejenigen, die sich zurückbeugen mussten", meinte der philippinische Delegierte Yeb Sano. Bis kurz vor Schluss am Samstagabend hatten ärmere Staaten letztlich erfolgreich darum gekämpft, dass dieser Punkt künftig nicht wie geplant auf einer unteren Konferenzebene verhandelt wird, sondern in drei Jahren noch hochgestuft werden kann. Doch der erreichte Kompromiss bleibt deutlich hinter den Erwartungen der ärmsten und besonders stark von Wetterextremen betroffenen Staaten zurück.
"Angesichts des Taifuns "Haiyan" und anderer Katastrophen halten wir den Mechanismus für ein schwaches Ergebnis", sagte Thomas Hirsch von Brot für die Welt. Es sei aber ein positives Zeichen, dass die EU und die USA sich zum Ende noch auf die Entwicklungsländer zubewegt hätten.
Keine weiteren konkreten Zusagen zu Daten und Geldbeträgen gaben die Industrieländer zum zuvor schon beabsichtigten Anstieg ihrer Klimahilfen bis auf 100 Milliarden US-Dollar (74 Milliarden Euro) jährlich im Jahr 2020. Es gibt jedoch einen neuen Fahrplan zum Grünen Klimafonds, einer Hauptquelle dieses Geldes. Der Plan soll ermöglichen, dass die Industrieländer bereits vom nächsten Sommer an etwas in den Fonds einzahlen können. Daraus sollen ärmere Länder einmal Geld für ihre klimafreundliche Entwicklung und die Anpassung an die Klimaschäden erhalten.
Zudem versprachen einige Industrieländer, darunter als Hauptgeber Deutschland, noch für dieses Jahr zusammen rund 100 Millionen Dollar für einen kleineren, schon bestehenden Anpassungsfonds. Sie retteten damit den Fonds, der zuvor auszutrocknen drohte.
Waldschutz
Ein Lichtblick ist auch ein recht konkretes Rahmenpapier für den Waldschutz. Darin wird festgelegt, unter welchen Bedingungen arme Länder im Rahmen der Klimaverhandlungen Geld für den Schutz ihrer Wälder erhalten können. UN-Klimachefin Figueres sagte, dies werde helfen, die Freisetzung von Kohlendioxid durch die Zerstörung der Wälder deutlich zu reduzieren. Diese trägt derzeit zu rund 20 Prozent zum menschengemachten Treibhauseffekt bei. Vertreter von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, die die Konferenz am Donnerstag unter Protest gegen die schleppenden Verhandlungen verlassen hatten, zeigten sich enttäuscht.
Kritik von Nichtregierungsorganisationen
"Der derzeitige Text über Finanzen ist nichts als eine Übung in sprachlicher Yoga", sagte Oxfam-Direktorin Winnie Byanyima in einer Stellungnahme.
Der Generalsekretär von 11.11.11., Bogdan Vandenberghe sagte im flämischen Rundfunk, man wisse, dass die Entwicklungsländer bereits unter den Klimaveränderungen litten. Als Beispiel dafür nannte er die jüngste Katastrophe auf den Philippinen. Die Situation werde sich allen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge in den nächsten Jahren noch verschlimmern. Vor diesem Hintergrund nannte Vandenberghe das Abschluspapier von Warschau unzureichend.
"Warschau war höchstens ein Trippelschritt auf dem Weg nach Paris", sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Ein Grund seien auch die EU und Deutschland, die nahezu vollständig auf ihre frühere Vorbildfunktion verzichtet hätten.
dpa/sh Bild: Janek Skarzynski (afp)