Die Große Ratsversammlung in Afghanistan hat einem Sicherheitsabkommen mit den USA zugestimmt und Präsident Hamid Karsai zur Unterzeichnung noch in diesem Jahr aufgefordert. Das Abkommen sei im nationalen Interesse Afghanistans, sagte der Vizevorsitzende des Sekretariats der Loja Dschirga, Fasl Karim Aimak, am Sonntag. Die 2500 Delegierten der Versammlung in Kabul machten damit prinzipiell den Weg frei für den geplanten internationalen Nato-Militäreinsatz ab 2015. Allerdings gaben sie Karsai in 31 Punkten Empfehlungen. Darunter sind auch Änderungen an dem Entwurf des Abkommens.
Die Änderungswünsche schienen nicht so weitreichend, dass sie das Abkommen gefährden könnten. Allerdings gab Karsai nicht zu erkennen, ob er es noch dieses Jahr unterzeichnen werde, was die USA zur Bedingung machen. Die Entscheidungen der Versammlung sind nicht bindend. Das Wort der Stammesältesten, Geistlichen und anderen Würdenträger hat aber großes Gewicht. Nach der Loja Dschirga muss das Parlament über das Abkommen abstimmen, dessen Abgeordnete bereits mehrheitlich an der Loja Dschirga teilnahmen. Danach müssen es der afghanische Präsident und US-Präsident Barack Obama unterschreiben.
Zum Streitpunkt zwischen Washington und Kabul hatte sich das Datum der Unterzeichnung durch die afghanische Seite entwickelt. Karsai hatte zu Beginn der Versammlung am Donnerstag überraschend angekündigt, erst sein Nachfolger werde den Vertrag nach der Wahl im April unterzeichnen. Die US-Regierung besteht aber auf Unterzeichnung noch in diesem Jahr. Washington droht andernfalls mit einem Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan Ende 2014.
Karsai ließ zum Abschluss der Versammlung nicht erkennen, ob er - wie von Washington und nun auch von der Loja Dschirga gefordert - seine Unterschrift noch in diesem Jahr unter das Abkommen setzen werde. Er wiederholte aber auch nicht, dass erst sein Nachfolger unterzeichnen werde. "Wenn es keinen Frieden gibt, wird diese Vereinbarung Afghanistan Unglück bringen", sagte Karsai. "Frieden ist unsere Vorbedingung. Amerika soll uns Frieden bringen, und dann werden wir es unterzeichnen."
Der umstrittenen US-Bedingung, dass US-Soldaten auch künftig Immunität vor afghanischer Strafverfolgung genießen, widersprach die Loja Dschirga nicht explizit. Die Delegierten forderten lediglich, afghanischen Staatsanwälten und Angehörigen von Opfern müsse die Anwesenheit an Prozessen erlaubt werden. Die Verfahren müssten so oft wie möglich in Afghanistan selbst stattfinden. In der Vergangenheit hatte es bereits Kriegsgerichtsverfahren gegen amerikanische Soldaten auf US-Basen in Afghanistan gegeben.
Die Loja Dschirga forderte ein sofortiges Ende von Hausdurchsuchungen durch US-Soldaten. Zugleich verlangten die Delegierten, dass die US-Truppen keine Gefängnisse in Afghanistan unterhalten. Weiter hieß es, dass von afghanischem Boden aus keine Militäroperationen gegen andere Staaten durch die USA ausgehen dürften. 19 afghanische Gefangene aus dem US-Gefängnis Guantanamo Bay in Kuba müssten sobald wie möglich an Afghanistan übergeben werden.
Der Nato-Kampfeinsatz läuft Ende 2014 aus. Für die Folgemission brauchen die Truppenstellernationen Planungssicherheit. Die Grundlagen des Einsatzes soll das Abkommen (BSA) regeln. Karsais Angaben zufolge sollen für zehn Jahre von 2015 an noch zwischen 10 000 und 15 000 ausländische Soldaten in Afghanistan stationiert werden.
dpa/sh Bild: Massoud Hossaini (afp)