Die sozialistische Mehrheit im venezolanischen Parlament hat in erster Lesung ein Gesetz gebilligt, das Präsident Nicolás Maduro zum Erlass von Dekreten mit Gesetzeskraft ermächtigen soll. Die Regierungsfraktion kam am Donnerstag auf die notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit von 99 Stimmen für das sogenannte Ley Habilitante. Endgültig wird in einer weiteren Lesung - möglicherweise am Samstag - entschieden. Maduro will wie sein im März gestorbener Vorgänger Hugo Chávez mit Hilfe von Dekreten regieren und in einem ersten Schritt die Korruption bekämpfen, Preise senken und Unternehmensgewinne beschränken.
Die Sozialisten verfügen in der Nationalversammlung über 98 der 165 Sitze. Die notwendige 99. Stimme wurde nur möglich, weil einer oppositionellen Abgeordneten diese Woche die Immunität entzogen wurde und an ihrer Stelle ein regierungstreuer Parlamentarier abstimmte. Die sozialistischen Abgeordneten feierten das Ergebnis als Sieg. Sie hatten während der namentlichen Abstimmung T-Shirts mit dem Spruch "Yo soy el diputado 99" (Ich bin der 99. Abgeordnete) hochgehalten. Chávez hatte während seiner Amtszeit vier mal Dekret- Sondervollmachten erhalten: 1999, 2000-2001, 2007-2008 und 2010-2012.
Das Ley Habilitante (Ermächtigungsgesetz) ist in Venezuelas Verfassung in Artikel 203 geregelt. Diesmal soll die Vollmacht auf zunächst 12 Monate befristet werden. Maduro will die Dekrete nutzen, um den von ihm kritisierten "Wirtschaftskrieg der Bourgeoisie" zu bekämpfen. Die Dekrete können wichtige Bereichen wie Nationale Sicherheit, Wirtschaft, Energie und Sozialpolitik betreffen. Maduro steht am 8. Dezember bei Kommunalwahlen vor einer Testabstimmung über seine bisherige rund sechsmonatige Amtszeit.
dpa/est - Bild: Leo Ramirez (afp)