Fast eine Woche nach dem verheerenden Taifun auf den Philippinen erreicht die Hilfe endlich auch abgelegene Regionen des Katastrophengebiets. Hubschrauber der US-Marine flogen vom Flughafen Tacloban aus Tonnen von Care-Paketen zu Tausenden Menschen, die auf Nahrung, Wasser und Medikamente warten.
Vor der Küste traf der Flugzeugträger "USS Washington" mit weiteren 80 Maschinen an Bord ein. Im Hafen lief ein US-Marinefrachtschiff mit Trinkwasser ein. Bei strömendem Regen wurden 94 Leichen in einem Massengrab beigesetzt. Die offizielle Zahl der Opfer wird bislang auf 2357 beziffert, dürfte aber noch erheblich steigen.
"Hier landen jetzt Hubschrauber im Minutentakt, die Hilfspakete rausfliegen", sagte der Sprecher der deutschen Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany, Mark Rösen, in Tacloban. Er war mit seinem 24-köpfigen Team aus Ärzten und Pflegern auf dem Weg nach Palo 15 Kilometer weiter südlich, um dort ein Feldlazarett aufzubauen. "Wir können bei Wundbrand auch Amputationen durchführen", sagte er. "Aus Einsätzen in anderen Katastrophengebieten wissen wir, dass sich durch die Wärme, das verseuchte Wasser und die Bakterien Wunden sehr schnell entzünden. Amputationen sind Maßnahmen, um Leben zu retten."
Lokale Behörden überfordert
Dass den Opfern in ihrer desolaten Lage nicht schneller geholfen wurde, hat die Regierung unter Druck gesetzt. Hunderttausende harrten tagelang ohne Wasser und Essen zeitweise bei strömendem Regen und ohne Toiletten in Trümmerbergen aus, ohne Hilfe zu bekommen. "Ich habe den Eindruck, wir haben die Menschen im Stich gelassen", sagte UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos nach einem Besuch in Tacloban in Manila.
Auch Taclobans Bürgermeister Alfred Romualdez war frustriert. Ihm fehlten Lastwagen, und es sei kaum Benzin zu bekommen. «Wir haben die Wahl, die wenigen Trucks zur Auslieferung von Essen oder zum Bergen der Leichen zu nutzen», sagte er Lokalreportern.
Internationale Hilfe
Nach Angaben der philippischen Armee wurden bis Donnerstag mehr als 700 Tonnen Hilfsgüter verteilt. 6.000 Menschen seien aus dem Katastrophengebiet ausgeflogen worden. Mit der Ankunft des amerikanischen Flugzeugträgers sollte die Verteilung der Hilfsgüter deutlich schneller vorangehen. An Bord sind 5.000 Soldaten und mehr als 80 Flugzeuge und Hubschrauber. Die Crew unterstützt die US-Truppe, die bereits am Flughafen von Tacloban mit Black Hawk-Hubschraubern im Einsatz ist.
Die Hubschrauber-Kapazität verdreifache sich dadurch, sagte Brigadegeneral Paul Kennedy dem Radiosender BBC Radio 5. Der Hilfseinsatz sprenge wohl jede andere humanitäre Mission, die die USA je durchgeführt hätten. Der Befehlshaber der pazifischen Flotte, Harry Harris, aktivierte das Krankenhausschiff "USNS Mercy" in San Diego. Allerdings erteilte er noch keinen Einsatzbefehl. Das Schiff könnte ohnehin erst Mitte Dezember in philippinischen Gewässern sein.
Die Black-Hawk-Hubschrauber können am Seil mehr als 1.000 Kilogramm Gewicht transportieren. Sie starteten vom Flughafen aus den ganzen Tag über mit Hilfspaketen, die vor allem Nahrungsmittel und Trinkwasser enthielten. Im Hafen legte das Frachtschiff "USNS Charles Drew" mit 7000 Litern Trinkwasser und Nahrungsmitteln an.
Auch das belgische Nothilfeteam ist im philippinischen Katastrophengebiet auf der Insel Leyte eingetroffen. Der Sprecher des Außenministeriums in Brüssel sagte, alle Mitglieder des B-Fast-Teams sowie alle Hilfsgüter seien jetzt an dem ihnen zugewiesenen Einsatzort südlich der verwüsteten Hafenstadt Tacloban. Dort errichten die belgischen Helfer ein Feldlazarett und installieren eine Wasserreinigungsanlage.
Dennoch läuft den Vereinten Nationen die Hilfe nicht schnell genug. Die UN-Nothilfekoordinatorin Amos hat eingeräumt, dass die Taifun-Opfer auf den Philippinen viel zu lange auf Hilfe warten müssen. Mitarbeiter der Vereinten Nationen seien frustriert darüber, dass die Hilfslieferungen sechs Tage nach dem Sturm immer noch nicht alle Bedürftigen erreicht hätten, sagte Amos. Grund dafür sind die niedrigen Kapazitäten und die schlechte Sicherheitslage vor Ort.
Großbegräbnis in Tacloban
In Tacloban fand das erste große Begräbnis statt. In strömendem Regen zogen junge Männer die meist in Leichensäcke verpackten Toten an einem Friedhof von einem Lastwagen in eine ausgehobene Lehmgrube. Arbeiter schaufelten Erde darüber. Es war weder ein Priester anwesend noch blieb Zeit für Gebete. Bürgermeister Romualdez war dabei. "Ich hoffe, ich muss so eine Katastrophe nie wieder erleben", sagte er.
Kontakt zu Belgiern im Land
Etwa 70 belgische Staatsangehörige, die auf den Philippinen leben, konnten immer noch nicht kontaktiert werden. Das hat Außenminister Reynders am Donnerstag in der Kammer mitgeteilt. Bei 15 Landsleuten gehe man davon aus, dass sie auf der am schlimmsten betroffenen Insel Leyte seien.
dpa/br/mh / Bild: Jay Directo (afp)