Ausgerechnet Deutschland, dem wirtschaftlichen Motor Europas wird der Erfolg jetzt zum Verhängnis. Das Problem: die satten Überschüsse in der Handlesbilanz.
Deutschland weist seit Jahren einen Überschuss in der Handelsbilanz auf, sagt EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso. Hohe Exportzahlen seien an sich nichts Schlechtes, doch die EU wolle untersuchen, welche Auswirkungen das auf die gesamteuropäische Wirtschaft hat.
Die Kommission wirft Deutschland keineswegs vor, zu viel zu exportieren. Ganz im Gegenteil. Eine solche Erfolgsbilanz würde sich Wirtschaftskommissar Oli Rehn von allen EU-Staaten wünschen.
Das Problem liegt an anderer Stelle: Deutschland importiert zu wenig. Daher das Ungleichgewicht in der Handelsbilanz, das möglicherweise problematisch ist. Und: Die Überschüsse der Deutschen sind die Defizite der anderen in der EU.
Der Überschuss beim deutschen Export beträgt aktuell 6,5 Prozent. Erlaubt sind höchstens sechs Prozent. Nach den schweren Turbulenzen in der Euroschuldenkrise hatte - allen voran Deutschland - eine verstärkte Überwachung der Wirtschaftspolitik gefordert. Um zu verhindern, dass die Euro-Länder immer weiter auseinanderdriften, gilt es, verschiedene Regeln einzuhalten. Und die Obergrenze beim Export-Überschuss ist eine dieser Regeln.
Deutschland in der Pflicht
Wir machen keinen Unterschied, ob ein Land klein oder groß ist, arm oder reich, sagt EU-Kommissionspräsident Barroso. Unsere Plicht ist es, die Lage in allen Mitgliedsländern objektiv zu bewerten. Deutschland müsste nach Ansicht der EU-Kommission deutlich mehr unternehmen, um die Nachfrage im Inland anzukurbeln. Die Bundesrepublik könnte beispielsweise die Niedriglöhne erhöhen, mehr in die Infrastruktur investieren oder für mehr Wettbewerb auf den Dienstleistungsmärkten sorgen. Unter dem Strich würde davon die gesamte Eurozone profitieren, also auch Deutschland.
Die ausgewogene Untersuchung soll Deutschland helfen, nicht schaden, betont Kommissar Rehn. Wenn der Bericht im Frühjahr vorliegt, hofft er, dass er einen Beitrag liefert in der Diskussion um Wirtschaftspolitik und Reformen in Deutschland. Im schlimmsten Fall droht dem Land eine Milliardenstrafe. Die könnte aber frühestens im kommenden Jahr fällig werden.
Auch Belgien unter Beobachtung
Neben Deutschland wird auch zum ersten Mal Luxemburg unter die Lupe genommen. Belgien steht bereits wegen seiner hohen Staatsverschuldung unter Beobachtung. Hier soll im Frühjahr eine Entscheidung fallen. Insgesamt wird die EU-Kommission 16 der 28 EU-Staaten dann ein Zeugnis ausstellen.
Am Freitag meldet sich die Brüsseler Behörde übrigens erneut zu Wort. Denn zum ersten Mal hat sie die Haushaltsentwürfe der Mitgliedsländer bewertet, bevor sie in den Hauptstädten verabschiedet worden sind. Auch das ist eine Folge der strengeren Aufsicht der Wirtschaftspolitik.
dpa/mh Bild: Alexander Klein (afp)