Für Hunderttausende Taifun-Überlebende auf den Philippinen wird die Lage trotz der anlaufenden Hilfe immer dramatischer. Heftiger Dauerregen setzte am Dienstag weite Teile des Katastrophengebiets unter Wasser. In der verwüsteten Stadt Tacloban standen die Menschen teils knietief in einer durch Fäkalien, Kadaver und Müll verseuchten stinkenden Brühe.
Die Zahl der Todesopfer ist weiter unklar. Der philippinische Präsident Benigno Aquino sagte im TV-Sender CNN, er rechne mit 2000 bis 2500 Toten. Schätzungen, bei denen von 10.000 Opfern ausgegangen wurde, nannte er zu hoch.
Die Vereinten Nationen baten ihre Mitgliedsstaaten um 301 Millionen Dollar (225 Millionen Euro) Spenden. Die Europäische Union stocke ihre Sofortspende von drei Millionen Euro um zehn Millionen Euro auf, sagte Entwicklungskommissar Andris Piebalgs in Manila. Internationale Organisationen machten sich mit Lebensmitteln, Trinkwasser und technischem Gerät auf den Weg in den südostasiatischen Inselstaat.
Dort setzten die Ausläufer eines Sturmtiefs den Menschen zu. Trümmerberge behinderten vielerorts den Abfluss des Wassers. Immer noch erreichte viele Opfer die Hilfe nicht. Am Dienstag überfielen kommunistische Rebellen in der Stadt Matnong einen Hilfskonvoi. Soldaten, die den Konvoi begleiteten, töteten zwei Angreifer.
Überall malten verzweifelte Überlebende Hilferufe an Container und Hauswände: "Wir brauchen Essen!" "Rettet uns!" "Hilfe!". Kinder standen weinend und bettelnd am Straßenrand. "Die Probleme sind immens, das Gebiet ist riesig, aber wir tun alles Menschenmögliche", versicherte Innenminister Mar Roxas. Die Regierung habe versichert, dass Helfer bis Mittwoch auch die abgelegendsten Regionen erreicht hätten, sagte UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos der BBC.
Der Bürgermeister von Tacloban, Alfred Romualdez, sagte, bis Dienstagmorgen seien 250 Leichen geborgen worden. Weitere würden unter Schuttbergen vermutet. Auf der Insel Samar seien mehr als 500 Menschen in Massengräbern beigesetzt worden.
In Tacloban sind alle Geschäfte, in denen Lebensmittel vermutet wurden, geplündert, berichteten Lokalsender. In ihrer Verzweiflung waren Leute auf selbst gebauten Flößen vor der Küste unterwegs und versuchten, mit bloßer Hand Fisch zu fangen. Im strömenden Regen belagerten Verzweifelte mit behinderten Angehörigen und kranken Babys den Flughafen und hofften, ausgeflogen zu werden. Die Plätze in den Maschinen reichten bei weitem nicht. Soldaten hielten die Hilfesuchenden davon ab, das Rollfeld zu stürmen.
"Die gute Nachricht ist, dass der Mobilfunk wieder funktioniert", sagte Innenminister Roxas. Auf Strom würden die Menschen aber noch mindestens zwei Monate warten müssen, sagte Energieminister Jericho Petilla. Weil auch Tankstellen zerstört worden sind, wurde der Benzinverkauf auf der Insel Leyte rationiert, bis Nachschub kommt.
In der Nacht zu Dienstag startete der US-Flugzeugträger "USS George Washington" aus Hongkong in Richtung Philippinen. Er hat 5000 Marinesoldaten und mehr als 80 Flugzeuge und Helikopter an Bord. Die US-Regierung spendete 20 Millionen Dollar (15 Millionen Euro). Auch Großbritannien entsandte ein Schiff, ein Transportflugzeuge, Ärzte und Sanitäter. Insgesamt hat die Regierung in London bisher 10 Millionen Pfund (11,9 Millionen Euro) Unterstützung zugesagt.
dpa/okr - Bild: Ted Aljibe (afp)