US-Außenminister John Kerry hat sich vor seinem Überraschungsbesuch bei den Atomgesprächen in Genf noch einmal mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu getroffen. Bei dem Gespräch am Freitagmorgen auf dem Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv dürfte es um die Krise in den israelisch-palästinensischen Friedensgesprächen und den Atomkonflikt mit dem Iran gegangen sein.
Netanjahu hatte einen möglichen Kompromiss mit dem Iran zuvor als "historischen Fehler" bezeichnet. "Israel lehnt den Kompromissvorschlag bei den Genfer Gesprächen kategorisch ab", sagte der Regierungschef nach einem Bericht der Nachrichtenseite "ynet". Teheran wäre dann in der Lage, sein Atomprogramm weiterzuverfolgen, warnte er.
John Kerry kritisierte während seiner dreitägigen Vermittlungsmission Israels Siedlungspolitik ungewöhnlich scharf. Der Siedlungsbau lasse an der Ernsthaftigkeit Israels zweifeln.
Durchbruch bei Atomgesprächen?
Der Iran und die fünf UN-Vetomächte plus Deutschland (5+1) setzen am Freitag in Genf ihre Gespräche über das umstrittene Atomprogramm Teherans fort. Nach einem zehnjährigem Stillstand scheint zum ersten Mal ein Durchbruch in Reichweite. Dafür spricht unter anderem, dass US-Außenminister John Kerry überraschend nach Genf reisen und dort seinen iranischen Amtskollegen Mohammed Dschawad Sarif treffen wird. Sarif hatte in einem Gespräch mit dem TV-Sender CNN gesagt, dass eine Vereinbarung noch vor Abschluss dieser Runde der Atomgespräche am Freitag getroffen werden könne.
Aber wie genau diese aussehen wird, ist unklar. Die Rede ist davon, dass der Iran Teile seines Atomprogramms befristet einfriert. Im Gegenzug setzt der Westen dann einige Wirtschaftssanktionen aus.
US-Präsident Barack Obama sprach in einem NBC-Interview von der Möglichkeit eines Abkommens in Phasen. Es könne "sehr maßvolle Erleichterungen" geben. Die Sanktionen blieben aber in Kraft. Sie würden verschärft, wenn der Iran seinen Verpflichtungen nicht nachkomme.
Westliche Länder werfen dem Iran vor, unter dem Deckmantel einer zivilen Forschung eine Atombombe zu bauen. Die Regierung von Präsident Hassan Ruhani bestreitet dies, will aber die Sorgen des Westens ausräumen. Im Gegenzug fordert Teheran, dass der Westen das Recht des Irans auf ein ziviles Atomprogramm einschließlich einer Urananreicherung auf bis zu fünf Prozent anerkennt. Außerdem sollen die Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden.
In Genf verhandelt seit Donnerstag die sogenannten 5+1-Gruppe - bestehend aus den fünf UN-Vetomächten China, Großbritannien, Frankreich, Russland und den USA sowie Deutschland - mit dem Iran. Die Verhandlungsrunde geht am Freitag zu Ende. Am Donnerstagabend zeigten sich beide Seiten zufrieden mit dem ersten Verhandlungstag. "Wir machen Fortschritte", sagte der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Michael Mann. Auch Sarif bezeichnete die Verhandlungen als äußerst positiv.
Die neue Regierung in Teheran will die Sorge ausräumen, dass der Iran eine Atombombe bauen will. Sie fordert aber im Gegenzug die Anerkennung des Rechts auf ein ziviles Atomprogramm, einschließlich der Urananreicherung auf bis zu fünf Prozent, sowie die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen.
dpa/jp - Bild: Jason Reed (afp)