Nach der wachsenden Empörung über die NSA-Schnüffelei hat der Geheimdienstausschuss im US-Senat eine umfassende Untersuchung angekündigt. Es sei eindeutig, dass eine "vollständige Überprüfung" notwendig sei, teilte die Vorsitzende des Ausschusses, Dianne Feinstein, am Montag (Ortszeit) mit. Die Aufsicht müsse gestärkt und erweitert werden. In dem 15-köpfigen, überparteilichen Komitee waren für Dienstag und Donnerstag Anhörungen zu "Geheimdienst-Fragen" hinter verschlossenen Türen geplant.
"Ich bin strikt dagegen", sagte die demokratische Senatorin Feinstein mit Blick auf die Bespitzelung von Verbündeten. Zudem müsse der Präsident persönlich grünes Licht geben, bevor Staatschefs aus verbündeten Ländern überwacht würden. Dass Präsident Barack Obama von der Handy-Überwachung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts gewusst haben soll, bezeichnete Feinstein als "großes Problem".
Richtungswechsel
Feinstein hatte die Aktivitäten des mächtigen Geheimdienstes nach den Enthüllungen des Computerspezialisten Edward Snowden mehrfach öffentlich verteidigt. Ihre Worte vom Montag gelten als Richtungswechsel.
Obama habe bereits im Sommer eine Untersuchung angekündigt, teilte die sicherheitspolitische Sprecherin des Weißen Hauses, Caitlin Hayden, der Nachrichtenagentur dpa mit. In dieser solle auch der Umgang mit Staatschefs und die Absprachen mit Verbündeten geprüft werden. "Wir haben durch diesen Prozess bereits einige Entscheidungen getroffen und erwarten, weitere zu treffen", hieß es. Der Bericht des Weißen Hauses soll bis zum Ende des Jahres vorliegen.
Der republikanische Abgeordnete Peter King verteidigte derweil die Programme der NSA. "Tatsache ist, dass die NSA zum Schutz deutscher Menschenleben mehr unternommen hat als die deutsche Bundeswehr seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte King bei CNN. Die Deutschen sollten daher dankbar sein, das "Affentheater" nicht mitmachen zu müssen. "Alle Länder machen es", sagte King mit Blick auf die Aktivitäten der US-Dienste. Er frage sich auch, ob die Deutschen den damaligen Senator Obama bei seinem Berlin-Besuch 2008 ausgespäht hätten.
Mit Blick auf Obamas Unwissen über die Bespitzelung von Merkels Handy sagte King: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es nicht wusste." Merkel soll bis vor wenigen Monaten von der NSA abgehört worden sein - allerdings ohne Wissen Obamas. Das hatte das "Wall Street Journal" unter Berufung auf US-Regierungsvertreter berichtet.
Der US-Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald widersprach der Behauptung des Weißen Hauses, die Bespitzelung diene dem Anti-Terror-Kampf. "Nichts hiervon hat mit Terrorismus zu tun", sagte Greenwald im CNN-Interview. "Ist Angela Merkel ein Terrorist? Sind 60 oder 70 Millionen spanische und französische Bürger Terroristen?" fragte der Journalist, dem Snowden seine Geheimunterlagen übergeben hat. "Hier geht es eindeutig um politische Macht und Wirtschaftsspionage."
Die US-Regierung hatte die massive Datensammlung ihrer Geheimdienste am Montag erneut als wichtiges Mittel im Kampf gegen Terroristen verteidigt. Auf diese Weise seien seit den Anschlägen vom 11. September 2001 zahlreiche Terrorangriffe vereitelt worden.
Snowden-Unterstützer richten Internet-Spendenplattform ein
Unterstützer von Edward Snowden haben im Internet eine Spendenplattform für den Whistleblower gestartet. Die Zuwendungen sollten Anwaltskosten des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters decken, schrieb Glenn Greenwald in der Nacht auf Dienstag beim Kurznachrichtendienst Twitter.
Snowden hatte dem britischen Enthüllungsjournalisten Geheimdienst-Unterlagen übergeben, die dieser fortlaufend veröffentlicht. Darunter befanden sich unter anderem Dokumente zur Spionage des US-Dienstes NSA in Deutschland. Snowden hat in Russland Asyl erhalten.
Minister müssen Handys bei geheimen Kabinettssitzungen abgeben
Die US-Affäre um das Abhören verbündeter Spitzenpolitiker zeigt jetzt auch Wirkungen in Belgien. Premierminister Elio Di Rupo hat angeordnet, dass bei vertraulichen Kabinettssitzungen die Minister ihre Mobiltelefone ausschalten müssen. Die Smartphones werden außerdem während der Sitzungen künftig in einem separaten Raum aufbewahrt. Das hat ein Sprecher von Premierminister Elio Di Rupo bestätigt.
Welche weiteren Sicherheitsmaßnahmen die Regierung ergreifen will, um mögliche Lauschangriffe zu verhindern, bleibt geheim.
belga/dpa/sh - Bild: Michael Reynolds (epa)