Nach Kritik am Vorgehen gegen 30 inhaftierte Umweltschützer der Organisation Greenpeace hat Russland die Anklage überraschend von Piraterie auf Rowdytum abgemildert.
Die Ermittler hätten den Protest der Besatzung des Schiffs "Arctic Sunrise" gegen eine Ölförderplattform des russischen Staatskonzerns Gazprom in der Arktis neu bewertet. Das teilte der Sprecher der Moskauer Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, am Mittwoch mit. Er kündigte neue Anklageschriften gegen die in Murmansk Inhaftierten an.
Damit drohen den 28 Aktivisten sowie zwei Reportern nun maximal sieben Jahre Haft, vorher waren es 15 Jahre gewesen. Die Anklage war international als völlig überzogen kritisiert worden. Auch Kremlchef Wladimir Putin hatte bereits kurz nach der Festnahme im September gesagt, dass er die friedlichen Umweltschützer nicht für Piraten halte.
Greenpeace forderte nach diesem nun erstmaligen Einlenken der Strafverfolger, die Vorwürfe komplett fallenzulassen. "Es gibt hier einfach überhaupt keinen Straftatbestand", sagte der Greenpeace-Programmdirektor Iwan Blokow. Die Lage insgesamt sei düster.
Ermittler kritisierten, dass Greenpeace jede Aufklärung der Straftat verweigere. Weil die Aktivisten keine Aussagen machten, werde sich das Verfahren wohl in die Länge ziehen, sagte Markin. Geklärt werden müssten etwa die Motive für die Tat, darunter auch möglicher Terrorismus und Spionage, sagte er. Darauf stünden im Ernstfall noch höhere Strafen als für Piraterie.
Die Niederlande fordern weiterhin die sofortige Freilassung der Männer und Frauen. Als Flaggenstaat des Schiffs schalteten die Niederlande den Internationalen Seegerichtshof in Hamburg ein, um die Freilassung der Besatzungsmitglieder sowie die Herausgabe der "Arctic Sunrise" zu erreichen. Allerdings lehnte das russische Außenministerium eine Mitarbeit an dem Verfahren ab. Der Gerichtshof will in den kommenden Tagen eine Verhandlung ansetzen. Er kann auch ohne Mitwirkung Moskaus über den Fall der "Arctic Sunrise" verhandeln.
dpa/jp - Bild: Dmitri Sharomov (afp)