Der russische Oppositionspolitiker Nawalny muss nicht ins Gefängnis. Ein Gericht in der Stadt Kirow hat am Mittag seine Haftstrafe überraschend zur Bewährung ausgesetzt und damit das Urteil der ersten Instanz deutlich abgemildert.
Obwohl der scharfe Gegner von Kremlchef Wladimir Putin damit in Freiheit bleiben darf, bezeichnete er das Urteil als ungerecht und kündigte erneut Berufung an. Das meldete die Agentur Interfax am Mittwoch. Der Blogger hatte auf einen vollständigen Freispruch plädiert. Als Vorbestrafter bliebe Nawalny auf Jahre hinaus von allen politischen Wahlämtern ausgeschlossen.
Die Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa sagte, die Führung habe sich offensichtlich nicht getraut, den bei der Bevölkerung populären Nawalny einzusperren. "Allerdings wäre es lächerlich, sich über diese unanständige Bewährungsstrafe zu freuen. Alexej Nawalny ist unschuldig", sagte Alexejewa von der Moskauer Helsinki Gruppe. Die Moskauer Börse legte direkt nach dem Urteil leicht zu. Der Richterspruch gilt auch als Gradmesser für den Umgang mit Andersdenkenden in Russland.
Nawalny soll 2009 als Berater des Gouverneurs eine staatliche Holzfirma um umgerechnet 400.000 Euro geprellt haben. Er weist die Vorwürfe als politische Inszenierung des Kreml zurück. Der 37 Jahre alte Blogger gilt für die zersplitterte Opposition gegen Putin als Hoffnungsträger, der Massen mobilisieren und auch Nationalisten im Zaum halten kann. Gegen ihn sind weitere Verfahren anhängig.
Vor dem Gerichtsgebäude in Kirow rund 900 Kilometer östlich von Moskau protestierten zahlreiche Nawalny-Anhänger. Er werde den politischen Kampf fortsetzen, kündigte Nawalny an. Sein Mitarbeiter Alexander Wolkow sagte, der charismatische Oppositionelle dürfe wegen der Verurteilung nicht wie geplant als Kandidat an der Wahl zum Moskauer Stadtparlament im kommenden Jahr teilnehmen.
Nawalny war nach dem ersten Urteil im Juli auf freiem Fuß geblieben und durfte im September bei der Moskauer Bürgermeisterwahl kandidieren. Mit 27,24 Prozent gelang Russlands bekanntem Korruptionsgegner ein Achtungserfolg.
dpa/mh - Bild: Vasily Maximov (afp)