EU-Kommissar Michel Barnier drückt bei neuen europäischen Regeln zur Abwicklung angeschlagener Banken aufs Tempo. "Wir müssen jetzt agieren, wir müssen jetzt Lösungen finden", sagte der Franzose am Freitag in Frankfurt. "Die nächste Bankenkrise wird nicht auf uns warten."
Eine Änderung der europäischen Verträge sei grundsätzlich sinnvoll, um die Bankenunion und den Abwicklungsmechanismus auf eine solidere Grundlage zu stellen. Aber Europa könne nicht warten, bis die Verträge geändert seien.
Neben einer gemeinsamen Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) ringt Europa um ein einheitliches System zur Schließung von Banken in Schieflage. Noch ist umstritten, wer bei der Abwicklung von Krisenbanken letztlich entscheiden soll: Barniers Gesetzentwurf sieht vor, dass die EU-Kommission das letzte Wort hat.
Barnier bekräftigte seinen Kompromissvorschlag, der Kommission die Aufgabe der Bankenabwicklung nur befristet zu übertragen. Später könnte dann der Euro-Rettungsfonds ESM in die Verantwortung genommen werden, sobald er zur EU-Institution geworden ist.
Der EU-Binnenmarktkommissar zeigte sich offen für Alternativ-Vorschläge. Er sehe "ausreichend Spielraum, zu einer Lösung zu kommen". Das Thema steht nächste Woche (14./15.10.) auf dem Programm des EU-Finanzministertreffens in Luxemburg. "Klar ist: Die Bankenunion braucht beide Elemente: Aufsicht und Abwicklung. Je kürzer die Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Aufsicht und der Abwicklung ist, umso besser", sagte Barnier. Die EZB-Bankenaufsicht soll im Herbst 2014 die Arbeit aufnehmen, der Abwicklungsmechanismus Anfang 2015.
Nach Angaben von EU-Diplomaten blockiert Großbritannien weiter die Schaffung einer gemeinsamen Aufsicht für Großbanken der Eurozone. Es sei immer noch fraglich, ob die Finanzminister die Rechtstexte billigen können, hieß es in Brüssel. Damit drohen bei dem - eigentlich ausverhandelten - Riesenvorhaben weitere Verzögerungen. Das EU-Parlament hatte dem Kompromiss bereits zugestimmt. Die EZB soll künftig die etwa 130 wichtigsten Geldhäuser der Eurozone direkt überwachen. Die Rechtstexte bedürfen der Zustimmung aller 28 EU-Staaten.
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