Die 30 wegen bandenmäßiger Piraterie in Russland angeklagten Greenpeace-Aktivisten wollen kommende Woche in Berufungsverhandlungen um ihre Freiheit kämpfen. Für den 8. Oktober seien erste Anhörungen festgesetzt, teilte das Gericht in der Hafenstadt Murmansk am Freitag der Agentur Interfax zufolge mit. Es gehe um den bekannten russischen Fotografen Denis Sinjakow und zwei Besatzungsmitglieder des Aktionsschiffs "Arctic Sunrise". Ihre Berufung richtet sich gegen die zweimonatige Untersuchungshaft nach ihrer aufsehenerregenden Aktion in der russischen Arktis vor zwei Wochen.
Den Männern und Frauen aus rund 20 Ländern drohen jeweils bis zu 15 Jahre Gefängnis. Mit weltweiten Aktionen in mehr als 100 Städten will sich Greenpeace an diesem Samstag für die Inhaftierten einsetzen.
Greenpeace betont, Sinjakow sei Journalist und kein Aktivist. Die Organisation habe ihn als Reporter engagiert, damit er über den spektakulären Protest gegen Ölbohrungen in der Arktis berichtet. Kremlkritische Medien und Menschenrechtler warfen der Justiz vor, durch die Inhaftierung von Journalisten russische Gesetze mit Füßen zu treten sowie faire und freie Berichterstattung zu verhindern. Auch die Bundesregierung zeigt sich besorgt über das Vorgehen der Justiz.
Greenpeace-Direktor Kumi Naidoo kritisierte die Handlungen der Behörden als "schwerste Bedrohung des friedlichen Umweltprotests" seit der Versenkung des Aktionsschiffs "Rainbow Warrior" in Auckland 1985 durch französische Geheimagenten. Damals starb ein Aktivist.
Die russischen Ermittler hatten gegen die Besatzungsmitglieder am Vortag offiziell Verfahren eingeleitet. Alle Beteiligten hätten in den Verfahren ihre Unschuld beteuert und sonst keine Aussagen gemacht, hieß es. Die Aktivisten hatten vor zwei Wochen versucht, auf eine Ölplattform des Staatsunternehmens Gazprom zu gelangen. Nach eigenen Angaben wollten sie dort ein Transparent befestigen. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB beendete die Aktion gewaltsam.
Hilfe aus den Niederlanden
Die 30 Greenpeace-Aktivisten, die in Russland wegen Piraterie angeklagt sind, bekommen Unterstützung aus den Niederlanden. Das Land will dazu ein Schiedsverfahren auf Grundlage des UN-Seerechtsübereinkommens einleiten, teilte der niederländische Außenminister Franz Timmermanns in einem Brief an die Abgeordneten in Den Haag mit.
Die Niederlande greifen nun ein, weil der Greenpeace-Eisbrecher "Arctic Sunrise" unter niederländischer Flagge fuhr, als ihn die russische Küstenwache vor zwei Wochen in der Arktis aufbrachte. Die Küstenwache habe das Greenpeace-Schiff unrechtmäßig betreten, heißt es aus Den Haag. Russland hätte die Niederlande zunächst um Erlaubnis bitten müssen.
Die Umweltschützer werfen Gazprom vor, mit Bohrungen das Ökosystem der äußerst anfälligen Arktis zu gefährden. Ein Leck hätte ihrer Ansicht nach katastrophale Folgen für die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt der noch weitgehend unberührten Region. Dort wird etwa ein Viertel der weltweiten Öl- und Gasvorräte vermutet.
dpa/vrt/sd - Bild: Dmitri Sharomov (afp)