Obdachlose sollen in Ungarn demnächst mit Freiheitsentzug bestraft werden können, wenn sie sich an bestimmten öffentlichen Orten aufhalten. Dieses umstrittene Gesetz beschloss das ungarische Parlament auf Initiative von Innenminister Sandor Pinter mit der Zweidrittelmehrheit der rechtsnationalen Regierungspartei FIDESZ am Montagabend. Die linken und liberalen Oppositionsparteien riefen Staatspräsident Janos Ader auf, gegen das Gesetz Veto einzulegen. Vor fast einem Jahr hatte das Verfassungsgericht eine ähnliche Regelung gekippt. Daher änderte das Parlament im März dieses Jahres die Verfassung, um diese dennoch durchsetzen zu können.
Demnach sollen sich Obdachlose prinzipiell nicht an Orten aufhalten dürfen, die zum ungarischen Weltkulturerbe gehören. Darüber hinaus dürfen die Kommunen nach eigenem Ermessen Zonen bestimmen, in denen Obdachlosen der Aufenthalt verboten ist. Verstöße können mit Arbeit für das Gemeinwohl oder einer Geldbuße geahndet werden. Wiederholungstätern droht eine Gefängnisstrafe.
Die sozialistische Oppositionspartei MSZP beklagte, dass nunmehr die Obdachlosen durch dieses "unmenschliche" Gesetz von den Behörden "gejagt" werden könnten, ohne irgendeine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Das neue Gesetz diene nur dazu, zu verhindern, dass der Anblick dieser Menschen die "Erfolgspropaganda" der Regierung störe.
Vor dem Parlament demonstrierten hunderte Ungarn gegen das Gesetz. Sie folgten einem Aufruf der Facebook-Gruppe "A varos mindenkie" ("Die Stadt gehört allen"), die Obdachlose ins Leben gerufen haben.
Allein in Budapest leben nach Schätzungen von Hilfsorganisationen 8000 bis 10 000 Obdachlose. Für diese stehen fast 6000 Plätze in Heimen zur Verfügung. Die Regierung hingegen erklärte, es gebe Heimplätze für alle Obdachlosen, die vorhandenen Kapazitäten würden nicht vollständig genutzt.
dpa/jp - Archivbild: Jorge Dirkx (belga)