Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat ein "Demokratiepaket" für die Türkei vorgestellt. Es solle die Freiheiten und Unabhängigkeit stärken, sagte Erdogan am Montag in Ankara.
Unter anderem soll das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst fallen. Wie der Regierungschef betonte, bleibt das Kopftuchverbot aber für Polizistinnen und Soldatinnen, sowie in der Justiz und an Schulen bestehen.
Der Regierungschef kündigte an, Rechte kleinerer Minderheiten und Volksgruppen zu verbessern. So soll Unterricht in privaten Schulen auch in anderen Sprachen als Türkisch erlauben sein. Zudem soll die bei Wahlen geltende Zehn-Prozent-Hürde für Parteien gesenkt oder ganz abgeschafft werden. Davon würden vor allem kurdische Parteien profitieren.
Zu dem Reformpaket gehört auch, dass alte Städtenamen wieder zugelassen werden, was den Weg für eine Rückkehr zu alten kurdischen Ortsnamen frei macht. Außerdem sieht es vor, dass das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel umstrittenes Land zurückerhält, das in einem jahrelangen Rechtsstreit von Enteignung bedroht war.
Oppositionspolitiker und Vertreter der kurdischen Volksgruppe hatten zunächst skeptisch auf die Vorschläge reagiert, über die bereits seit einigen Tagen diskutiert wird. Kritiker werfen Erdogan vor, immer autoritärer zu regieren. Die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK warnte zuletzt mehrfach, der mit einem Abzug von PKK-Kämpfern begonnene Friedensprozess sei in Gefahr, weil Ankara keine Zugeständnisse mache.
EU: Hoffnung auf Fortschritte in vielen wichtigen Bereichen
Die EU-Kommission hat das vom türkischen Regierungschef Erdogan angekündigte "Demokratiepaket" begrüßt. "Die angekündigten Maßnahmen lassen Fortschritte in vielen wichtigen Bereichen erhoffen", sagte ein Sprecher der Kommission in Brüssel. Man werde aber sehr genau die Umsetzung der Maßnahmen im richtigen Leben beobachten. Die Kommission werde die angekündigten Reformen außerdem bei ihrem nächsten Bericht über den Stand der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 16. Oktober berücksichtigen.
Die Kommission hat in den vergangenen Jahren immer wieder mehr Demokratie als eine Voraussetzung für einen EU-Beitritt der Türkei gefordert. Erdogan habe nun hinsichtlich des Gebrauchs anderer Sprachen, der Religionsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, des Wahlrechts und der möglichen staatlichen Parteienfinanzierung Hoffnungen auf Veränderungen geweckt.
dpa/spiegel/dlf/sd - Bild: Tolga Bozoglu (afp)