Mit der ersten Syrien-Resolution seit Ausbruch der Gewalt vor mehr als zweieinhalb Jahren hat der UN-Sicherheitsrat das Regime in Damaskus zur Herausgabe und Vernichtung seiner Chemiewaffen aufgefordert. Das mächtigste UN-Gremium verabschiedete das Papier, auf das sich die fünf Veto-Mächte zuvor geeinigt hatten, am Freitagabend (Ortszeit) in New York einstimmig. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einer "historischen Resolution". "Das sind die ersten guten Nachrichten zu Syrien seit langer Zeit." Die schon seit langem geplante aber bislang nicht terminierte Konferenz zur Zukunft des Landes solle nun Mitte November in Genf stattfinden, kündigte Ban an.
"Wir haben zu unserer Verantwortung zurückgefunden, die Wehrlosen zu verteidigen", sagte US-Außenminister John Kerry nach der Verabschiedung der nun unter der Nummer "S/2013/575" geführten Resolution. "Der Sicherheitsrat ist seinem Namen endlich wieder gerecht geworden", lobte sein französischer Amtskollege Laurent Fabius. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, der Text gebe den Weg für eine politische Lösung des Konflikts vor.
Auch Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle, dessen Rede vor der UN-Vollversammlung in New York für Samstag erwartet wurde, begrüßte die Verabschiedung der Resolution. "Damit hat der UNO-Sicherheitsrat endlich seine jahrelange Lähmung überwunden und Handlungsfähigkeit im Umgang mit der Krise in Syrien gezeigt."
Zuvor hatte die Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen in Den Haag -grünes Licht für die Vernichtung der C-Waffen in Syrien gegeben. Bis Mitte nächsten Jahres soll Syrien chemiewaffenfrei sein. Die Inspektionen der Waffenbestände Syriens sollen bereits nächsten Dienstag beginnen.
Einsatz von Chemiewaffen in Syrien verurteilt
Im Text der Sicherheitsrats-Resolution wird der Einsatz von Chemiewaffen in Syrien verurteilt und betont, dass es sich dabei um eine Gefahr für den internationalen Frieden handelt. Syrien wird aufgefordert, seine Chemiewaffen herauszugeben und vernichten zu lassen und dabei stets eng mit der Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OPCW) und den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten. Sollte Syrien sich nicht an die Vorgaben der Resolution halten, werde der Rat "Maßnahmen unter Kapitel VII der UN-Charta verhängen". Das würde Militärschläge einschließen - allerdings müsste das Gremium dafür noch einmal zusammenkommen und das gesondert beschließen.
US-Außenminister Kerry drohte dem Regime in Syrien nach der Abstimmung noch einmal ausdrücklich mit Konsequenzen. "Wir sind hier, weil Aktionen Konsequenzen haben. Und wenn das Regime nicht handelt, wird das Konsequenzen haben. Dann wird dieser Rat zur Tat schreiten und Kapitel-VII-Maßnahmen beschließen." Sein russischer Amtskollege Lawrow betonte jedoch noch einmal, dass die Resolution nicht unter Kapitel VII der UN-Charta falle und keinen automatischen Militär-Einsatz zulasse. Er sei sicher, dass Syrien "in guter Absicht und konstruktiv" mit den Chemiewaffeninspektoren zusammenarbeiten werde.
Mehrere Vertreter im Sicherheitsrat unterstrichen jedoch auch die anstehenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Resolution. "Wir sollten uns darüber im Klaren sein", sagte der britische Außenminister William Hague und sein französischer Amtskollege Fabius warnte: "Eine Resolution kann Syrien nicht retten."
Syrische Regimekritiker sind enttäuscht von UN-Resolution
Syrische Regimegegner haben enttäuscht auf die jüngste Syrien-Resolution reagiert. Sie kritisieren, die Resolution des UN-Sicherheitsrates sei nur auf die Vernichtung der Chemiewaffen des Regimes fokussiert. Der Resolutionstext könne als "Freibrief für das Töten von Syrern mit allen Waffen - mit Ausnahme von Chemiewaffen und Atomwaffen - verstanden werden", zitierte die Website "All4Syria" am Samstag den früheren syrischen Kulturminister Riad Naasan Agha. Die UN-Resolution fordert Damaskus zur Herausgabe und Vernichtung seiner Chemiewaffen auf.
Die Aussagen dazu, wie und wo die Schuldigen für den Tod von Hunderten Menschen durch Giftgas im Umland von Damaskus bestraft werden sollten, seien zu wenig konkret, schrieb Agha. Zu einer politischen Lösung liefere die Resolution nichts Neues. Der Ex-Minister hatte zu Beginn des Bürgerkrieges mit dem Regime von Präsident Baschar al-Assad gebrochen.
Der Oppositionelle Radwan Siade sagte der Nachrichtenagentur dpa am Rande einer Konferenz in Istanbul: "Diese Resolution ist ein relativ positiver Schritt, doch sie birgt keine Hoffnungen für die Syrer." Die größte Schwäche des Textes sei, dass er keine automatische Anwendung von Gewalt vorsieht, falls sich die Regierung nicht an die Vorgaben der UN halten sollte.
Die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete zwar über die Entscheidung des Sicherheitsrates. Sie zitierte jedoch ausschließlich den syrischen UN-Botschafter Baschar al-Dschafari, und Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Die Kritiker Syriens - von Saudi-Arabien bis zu den USA - kamen in den staatlichen Medien nicht zu Wort.
dpa/jp - Bild: Stan Honda (afp)