Nach ersten Zugeständnissen des syrischen Regimes bei den Chemiewaffen wächst die Hoffnung auf neue Verhandlungen über eine Waffenruhe im Bürgerkriegsland. Bei der am Dienstag in New York beginnenden UN-Generaldebatte müsse wieder ein Anlauf für eine politische Lösung des Konflikts gemacht werden, forderte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle.
"Die erwartete Offenlegung der syrischen Regierung über ihr Chemiewaffen-Programm" sei eingegangen, bestätigte die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag. Ob die Informationen vollständig sind, blieb zunächst unklar. Die USA und Russland hatten Syrien eine Frist bis Samstag gesetzt, um sein gesamtes Chemiewaffenarsenal und alle Produktionsanlagen offenzulegen. Bis Mitte nächsten Jahres soll der Bestand vernichtet werden.
Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter zeigte sich mit den vorgelegten Informationen zufrieden. "Wir waren angenehm überrascht von der Vollständigkeit der Darlegungen", sagte er der "New York Times". Einzelheiten nannte der Regierungsvertreter nicht.
Russland fordert zu Kooperation auf
Russland forderte die verbündete syrische Führung mit Nachdruck zur Kooperation auf, um einen US-Angriff zu vermeiden. Präsident Baschar al-Assad müsse die Wahrheit sagen, betonte der Chef der Kremlverwaltung, Sergej Iwanow. "Ich sage das jetzt theoretisch und hypothetisch: Aber falls wir zu der Überzeugung kommen, dass Assad schwindelt, können wir unsere Position ändern", betonte Iwanow.
Die USA hatten zuletzt den UN-Sicherheitsrat zu einer schnellen und umfassenden Syrien-Resolution gedrängt. US-Außenminister John Kerry betonte, das Assad-Regime müsse mit dem "stärkstmöglichen Mechanismus" der Vereinten Nationen zur Aufgabe seines Chemiewaffen-Arsenals gebracht werden. "Die Zeit ist knapp." Der Sicherheitsrat müsse bereit sein, kommende Woche zu handeln. Assad bestreitet weiter, dass sein Regime für den Chemiewaffenangriff auf die eigene Bevölkerung am 21. August verantwortlich sei. Die USA haben dem syrischen Regime mit Vergeltungsschlägen gedroht.
Im Streit um die Syrien-Resolution im UNO-Sicherheitsrat hat Russland den USA vorgeworfen, Druck auszuüben. Laut Außenminister Sergej Lawrow drohte Washington mit dem Ende der Zusammenarbeit, sollte Russland eine starke Resolution einschließlich der Androhung von Konsequenzen gegen Damaskus nicht mittragen. Lawrow kritisierte, der Westen sei allein an einem Regimewechsel in Syrien interessiert. Wenn es allein um die Vernichtung der Chemiewaffen ginge, würden sich die westlichen Staaten im UNO-Sicherheitsrat anders verhalten.
Der syrische Vize-Ministerpräsident Kadri Dschamil hatte jüngst gesagt, wenn die schon mehrfach verschobene Syrien-Konferenz in Genf zustande komme, werde seine Regierung eine Waffenruhe vorschlagen. Falls die Opposition diese akzeptiere, könnte deren Einhaltung von UN-Soldaten überwacht werden.
Opposition nennt Bedingungen für Teilnahme an Genf-Konferenz
Syriens wichtigste Oppositionsplattform Nationale Koalition ist unter bestimmten Bedingungen zur Teilnahme an einer Friedenskonferenz in Genf bereit. In einem am Sonntag veröffentlichten Brief an den UN-Sicherheitsrat betonte der Präsident der Nationalen Koalition, Ahmed al-Dscharba, die grundsätzliche Bereitschaft der Gegner des Regimes in Damaskus, an solchen Verhandlungen teilzunehmen. Allerdings müsse zuvor klar sein, dass die Konferenz die Bildung einer Übergangsregierung ausgestattet mit sämtlichen Exekutivrechten zum Ziel habe.
Eine Sprecherin betonte in Istanbul auf Anfrage, dass alle bisher genannten Bedingungen für Verhandlungen auch weiterhin gälten: Ein Ende der Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad sowie der militärischen Operationen des Regimes im Land.
Russland und die USA hatten bereits vor Monaten eine Friedenskonferenz in Genf zur Lösung des seit zweieinhalb Jahren andauernden Konflikts vereinbart. Bislang kam "Genf 2" allerdings nicht zustande.
Verletzte bei Granateinschlag neben russischer Botschaft
Beim Einschlag einer Mörsergranate auf dem Gelände der russischen Botschaft in Syriens Hauptstadt Damaskus sind mindestens drei Mitarbeiter verletzt worden. Das teilte das Außenministerium in Moskau am Sonntag mit. Die Behörde machte Rebellen für den Beschuss verantwortlich.
Die diplomatische Vertretung arbeite trotz des Vorfalls wie geplant weiter, meldeten russische Agenturen. Russland steht im Syrienkonflikt an der Seite des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
dpa/rkr/sd - Archivbild: Louai Beshara (afp)